Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

482. Dritte Unterordnung: Schlangen; ſe<ſte Familie: Vipern.

Aufſchneiden ihres Leibes zwei kleine, fingerlange Fiſche im Magen fand. Daß ſaſt alle Sglangen ſehr gut ſ{hwimmen, iſt bekannt, daß aber auc Giftſchlangen im Waſſer ihre Beute ſuchen, war mix neu.“ Für gewöhnlich freilich werden Schararaka und Labaria auf dem Lande ihrer Nahrung nachgehen und wie die Verwandten wohl hauptſächlich leinen Säugetieren nachſtellen; hierüber aber ſind mir feine beſtimmten Angaben bekannt, und ebenſowenig vermag ih über die Fortpflanzung mehr zu ſagen, als daß auch dieſe Loch: ottern ausgetragene Eier legen oder lebendige Junge zur Welt bringen.

Beide Giftſchlangen werden im höchſten Grade gefürchtet, ſind au< in der That äußerſt gefährliche Tiere. „Die JFndianer und ſelbſt die portugieſiſchen Jäger“, ſagt der Prinz von Wied, „gehen beſtändig mit bloßen Füßen auf die Jagd; Schuhe und Strümpfe ſind hier für den Landmann eine ſeltene, teure Sache, deren man ſi<h bloß an Feſttagen bedient. Die Leute ſind eben dadurh dem Biſſe der Schlangen, die oft im dürren Laube yerborgen liegen, weit mehr ausgeſeßt; dennoch trifft ein ſolcher Fall ſeltener ein, als man denken ſollte. J< hatte einſt einen Tapir angeſchoſſen und wax mit einem indianiſchen Jäger ans Land geſtiegen, um die blutigen Spuren des Tieres zu verfolgen, als plößlih mein JFndianer um Hilfe rief. Er war zufällig den fur<tbaren Zähnen

ſpringen wollte, aber auh in demſelben Augenbli>e von meinem Schuſſe tot zu Boden geſtre>t wurde. Der Fndianer war von dem Shre>en | nah einiger Zeit wieder erholen konnte, und dies gab mix einen Beweis, wie ſehr der dur die unerwartete Nähe eines o gefährlichen Tieres verurſachte Schre>en auf tleinere Tiere wirken müſſe, daß man dabei alſo keine anziehende oder lähmende Kraft ſeitens der Giſtſhlangen anzunehmen brauche. Die in das Kanoe gelegte tote Schlange erregte bei unſerer Rü>kehr unter den verſammelten Fndianern allgemeinen Abſcheu, und ſie begriffen niht, wozu ih dieſes Tier in die Hand nahm, genau unterſuchte, beſchrieb und ausmaß. Gute, ſtarke Stiefel und ſehr weite Beinkleider ſind dem Jäger in heißen Ländern beſonders anzuraten, da ſie vor der Gefahr, von giftigen S<hlangen verwundet zu werden, ziemlih ſüßen.“

Der Biß der beiden Schlangen endet zwar nit in allen Fällen mit dem Tode, ruft aber unter allen Umſtänden, falls nicht ſofort die geeigneten Gegenmittel angewendet werden, die ernſteſten Zufälle hervor. Tf <udi nimmt an, daß etwa zwei Drittel aller Gebiſſenen, die niht augenbli>lih die betreffenden Mittel in Anwendung bringen, ihr Leben verlieren, fügt dem aber hinzu, daß der Biß demungeachtet ärztlichem Einſchreiten etwas mehr Zeit laſſe und zu mehr Hoſſnung auf Geneſung bere<htige. Fn Südamerika wird eine ſehr biſſige Natter häufig mit der Scararaka verwechſelt, und dieſer werden niht ſelten Biſſe zugeſchrieben, die von jener herrühren. „Alle Fälle nun“, meint Henſel, deſſen Bericht ih vorſtehende Angabe entnehme, „in welchen der Biß einer Lochotter durch Sympathie oder andere Mittel vollkommen wirkungslos geblieben ſein ſoll, laſſen ſi ausnahmslos dur die Verwechſelung der biſſigen Natter mit der Giftſchlange erklären.“ Welche übeln Folgen auch ein Biß, der nicht mit dem Tode endet, zur Folge hat, erfahren wir dur<h Schomburgk. „Ein ſrüherer Begleiter meines Bruders, den eine Labaria am Fuße gebiſſen hatte, war no< unmittelbar vor unſerer Ankunft in der Anſiedelung, alſo nah 7 Jahren, den Folgen des Biſſes erlegen. Er litt bei der geringſten Veränderung der Witterung die heftigſten Schmerzen, und die Wunde brat dann jedesmal wieder auf, wobei ſi ſtets eine übelriehende Flüſſigkeit entleerte.“