Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Scavraraka und Labaria. 481

das Nügrat kielartig hervortritt faſt dreiedig; der kurze, zum Greifen niht geeignete Schwanz iſt dünn und zugeſpißt. Als Anzahl der Oberlippenſchilde, auf welche man großes Gewicht gelegt hat, gibt Shlegel und mit ihm Gray 9, Wucherer 8 an; Henſel endlich fand bei einer dieſer Shlangen auf der einen Seite 9, auf der anderen 9 Oberlippenſchilde. Die Anzahl der Schuppenlängsreihen beträgt nah Angabe Schlegels, Dumérils, Bibrons und Jans 25—27. Färbung und Zeichnung ſcheinen erheblich abzuändern. Die Schararaka iſ auf grauem oder graubraunem Grunde mit etwas entfernt ſtehenden ſ<malen dunkelbraunen, mitunter in Doppelfle>en aufgelöſten Querbinden gezeihnet, die, an den Rändern ſ<hwärzli<h, nah außen meiſt no< von einem etwas helleren, grauen Hofe eingefaßt werden. Der Bauch iſt grau mit 2 oder 4 unregelmäßigen Längsreihen weißer oder gelblicher Punktfle>Œen. Vom Auge zum Mundwinkel zieht ein breiter ſ{<warzer Längsſtreifen. Bei jungen Schararakas iſt die Schwanzſpitze weiß. Sie bewohnt Braſilien vom Amazonenſtrom ſüdlih bis in die Provinz Sao Paulo und geht im Weſten bis in die tropiſhen Teile von Ecuador und Peru.

Die zweite Art, Labaria genannt (Bothrops atrox, Coluber, Vipera, Cophias und Trigonocephalus atrox, Bothrops dirus), beſißt laut Wucherer, ſtets nux 7 Oberlippenſchilde und niht, wie Duméril und Bibron angeben, 29—32 ſondern nur 25— 27 Squppenlängsreihen. Nath Unterſuchung des Prinzen von Wied hat dieſe Schlange Geſtalt und Bau, Bildung der Schuppen, ja ſelbſt die Verteilung der Farben mit der Schararaka gemein; den Nüen zieren aber dunkle Rautenfle>en, die mit X-förmigen dunkeln Zeichnungen abwechſeln; der Bauch iſt nicht weißlih, ſondern dunkler gefärbt und jederſeits dur< ein paar Reihen weißer Fle>chen geziert; vom Auge nach dem Mundwinkel hin läuft ein ähnlicher breiter, dunkelbrauner Streifen. Die Schnauzenkante iſt im Gegenſaße zur Schararaka ſcharf und deutlich entwi>elt.

Dieſe Art bewohnt gleichfalls Oſtbraſilien, ſcheint aber weiter nach Norden, noh über Guayana hinaus, und niht ganz ſo weit nah Süden zu gehen wie die Schararaka. Spielarten von ihr leben nah Fan und Cope nördlih no< über Mittelamerika hinaus und weſtli< bis nah Ecuador. Die Lebensweiſe beider Arten unterſcheidet ſi<h in feiner Weiſe, ſo daß wir das über dieſe und jene Bekannte unbedenkli< auf jede von ihnen beziehen dürfen. Die Schararaka iſt nah Angabe des Prinzen von Wied die gemeinſte Giftſchlange in Braſilien au< überall verbreitet da ſie gleich gern in dem tro>enen, heißen Buſchlande wie in den hohen, feuchten, dunkeln Urwäldern lebt; die Labaria kommt, laut Schomburgk, in ganz Guayana vor, / iſt ebenſo häufig an der Küſte wie im Jnneren, hier und da auch in der freien Savanne, obwohl ſie die lichten Waldungen der Steppe vorzuziehen \{heint. Am Tage ſieht man ſie, der Nuhe pflegend, zuſammengerollt auf dem Boden liegen und ſi< nur dann zum Angriffe bereit halten, wenn man ihr zu nahe tritt. Jhre Bewegungen ſind während dieſer Zeit langſam und träge; beim Beißen aber wirft auch ſie den Vorderteil ihres Leibes mit der allen Giftſchlangen eignen, blißartigen Schnelligkeit vor. Weder der Prinz von Wied noch Schomburgk haben ſie jemals klettern ſehen; dagegen beobachtete ſie der leßtgenannte Forſcher zu ſeiner nicht geringen Verwunderung auf einem ſeiner Ausflüge am Fluſſe Haiama im Waſſer, fiſchend, wie eine alte jagdkundige Fndianerin ihm verſicherte. „Anfangs wollte es mix niht gelingen, die Schlange im Waſſer zu unterſcheiden; ſpäter aber ſah ih wirkli eine, die auf Raub ausging; denn bald tauchte ſie mit Gedankenſchnelle auf den Boden hinab, bald erſchien ſie wieder mehr an der Oberfläche und ſ<wamm, erſt langſam, dann ſchneller, kreuz und quer im Flußbette herum; endli< fro< ſie ans Land, wo ich ſie erlegte. Es war wirklih die Labaria, und die Ausſage meiner Begleiterin beſtätigte ſich, da ih beim

Brehm, Tierleben. 3. Auflage. YIL 31