Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Gavial: Verbreitung. Nahrung. Ungefährlichkeit. Fortpflanzung. 493

den vorderen Rü>enſchilden ein. Dieſe beginnen in der Mitte der Halslänge und bilden bis zur Shwanzwurzel 21—22 Querreihen, von welchen die erſte aus 2, die beiden folgenden aus noh 2 kleinen ſeitlihen mehr, die übrigen aus 4 mittleren und 2 ſehr kleinen ſeitlichen Schilden beſtehen. Auf dem Schwanze ſtehen 19 Paare gekielter und 19 einfache, kammartig erhobene Schuppen. Bei alten Männchen iſt die vordere Auftreibung der Schnauze höher als bei den Weibchen und enthält einen Hohlraum zur Aufnahme von Luft, ſo daß erſtere länger unter Waſſer verbleiben können als leßtere. Die Färbung der Oberſeite iſt ein dunkles Braungrün, das bei jungen Stücken mit zahlreichen kleinen dunkelbraunen Flecen oder Querbinden gezeichnet iſt, die der Unterſeite geht dur<h Grüngelb in Weiß über. Erwachſene Stücke erreihen eine Länge von 5,75 m, doth ſind Stücke von über 5 m Länge no< ni<t in europäiſhe Sammlungen gelangt.

Der Gavial iſt heimiſ< im Ganges und Brahmaputra und deren großen Nebenflüſſen, laut F. Day auch im Fndus, und findet ſih außerdem, nah den neueſten Angaben von G. A. Boulenger, au< no< im Mahanadi in Oriſſa und im Koladyne in Arakan, niht aber im Jrawadi und auh niht im Godawari, Kiſtna Tapti, Narbada 2c.

Schon Aelian weiß, daß im Ganges zwei Arten von Krokodilen leben: ſolche, welche wenig ſchaden, und andere, die gierig und ſ{honungslos Menſchen und Tiere verfolgen. „Dieſe“, ſagt der griechiſche Forſcher, „haben oben auf der Schnauze eine Erhöhung wie ein Horn. Man gebraucht ſie zur Hinrichtung der Miſſethäter, die man ihnen vorwirft Daß der hervorgehobene Unterſchied in der Lebensweiſe wirklih begründet iſt, wiſſen wir jet mit voller Sicherheit, wenn auh die neueren Nachrichten über den Gavial auffallenderweiſe außerordentlih dürftig ſind. Noch jebt leben, wie zu alten Zeiten, Gavial und Sumpffrokodil im Ganges nebeneinander. Aelians Angabe wird übrigens auch dur< Paolino beſtätigt, der ausdrü>li< mitteilt, man habe die eines Verbrechens angeklagten Menſchen in Gegenwart der Brahmanen durch einen Fluß waten laſſen und freigeſprochen, wenn ſie von den Krokodilen verſchont blieben.

Daß man die Gaviale noc heutigestags für heilig hält, unterliegt keinem Zweifel weil faſt alle Reiſenden, die ihrer Erwähnung thun, von ſolcher Anſchauung der Eingeborenen zu berichten wiſſen. Unter den Fiſchen ſoll der zahnreiche Krokodilgott arge Verwüſtungen anrichten, und die eigentümliche Bildung der Schnauze des Gaviales ſpricht allerdings dafür, daß er ſi<h, wenn niht aus\<ließli<, ſo doh vorzugsweiſe von Fiſchen ernährt. Auch ſein ganzer übriger Leibesbau läßt ihn als ein ſo re<t für das Waſſer geſchaffenes Tier erkennen. Day bezeichnet ihn ausdrü>li< als ein wahres fiſhfreſſendes Krokodil das ſ<hwimmend Beute gewinnt“, und Boulenger erwähnt gleichfalls, daß der Gavial gänzlich von Fiſchen lebe. Forſyth, der genau zwiſchen Gavial und dem Magar, dem Sumpfkrokodile, unterſcheidet, kann nah ſeinen Erfahrungen niht zugeben daß der Gavial den Menſchen ſonderlich gefährde, und Sterndale führt an, daß höchſtens der Magar ſi< an Menſchen vergreife, der Gavial hingegen ausſ<ließli< von Fiſchen lebe.

Da kein Fall bekannt oder wenigſtens feiner mit Sicherheit verbürgt iſt, daß ein Gavial größere Säugetiere oder den Menſchen angegriffen habe, dürfen wir ihn als eins der wenigen harmloſen Krokodile betrachten, die nur dadurch ſhädli<h werden, daß ſie durch Wegſangen der Fiſche in großartigſtem Maßſtabe den Lebensunterhalt eines Teiles der Anwohner der von Gavialen bevölferten Flüſſe zu {<mälern im ſtande ſind.

Über die Fortpflanzungsgeſchichte des Gaviales berichtet neuerdings Anderſon, der Eier dieſes Krokodiles aus dem Sande grub und mehrere ſoeben und zum Teil mit ſeiner Hilfe ausgeſchlüpfte Junge einige Zeit in Gefangenſchaft hielt. Die Eier, 40 an der Zahl, lagen in zwei gleichen Haufen ſchi<tweiſe übereinander und waren dur< Sand um 60 cm voneinander getrennt, vielleicht alſo an verſchiedenen Tagen gelegt worden. Die Fungen,