Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Spitbkrokodil. Nilkrokodil. 503

der Wahrheit widerſprehenden Bericht nur wenig vervollſtändigt, wohl aber die einfache Darſtellung mit verſchiedenen Sagen ausgeſ<mü>t. Viele ihrer Mitteilungen ſind von dem alten GeSner geſammelt worden und mögen hier mit den Worten Forers, der Gesners „Tierbuch“ überſeßte, ihre Stelle finden.

„Dieſes Thier iſt ein Waſſer-Thier, und ob es wol ſi auff das tro>ene Land herauß begibt, ſo mag es doh ein Waſſer- Crocodyl genennet werden, zum Unterſcheyd deß Jrdi[hen Crocodyls, ſo_gar niht in das Waſſer geht. Dieſer Waſſer-Crocodyl nun nimmt ſeine Speiſſe auß dem Waſſer, ſeine Kühlung aber auß der Lufft, dann dieweil er eine Lunge hat, und den Athem zeuht: kan er weder deß Waſſers noh der Lufft entbären. Gemeiniglih aber foll er deß Nachts in dem Waſſer bleiben: und deß Tages ſih auff dem Erdreih auffhalten, und bißweiln an der Sonnen ſo gang ſtille und unbeweglich ligen, daß der, dem es nicht bekandt, meynen ſolte, er wäre todt. — Die Speiß und Nahrung dieſer Thiere iſt was ſie bekommen können, als: Menſchen beydes alte und junge, allerley Thiere, Kälber, und Hunde, item allerley Fiſche, welche ſie dann mit ihren Klauen zerreiſſen und freſſen. Doch ſchlagen ſie erſtlih alles mit ihrem Schwanz zu tode, als in welchem ſie die gröſſeſte Krafft haben. — Dieſe Thier ſind ſehr fruchtbar, dann 60. Tage tragen ſie die Eyer bey ſi, legen 60. Eyer in der Gröſſe wie Gäns-Eyer, und ſelbige innerhalb 60. Tagen, nemlih alle Tage eines, 60. Tage brüten ſie ſolche auß, und in 60. Tagen erziehen ſie ihre Jungen: Fhre Eyer legen ſie in das tro>ene Erdreich, an ſandichte warme Oerter. Sie brüten alle beyde, das Männlein ſowol als das Weiblein wie Solinus ſchreibet, je eines umb das andere. — Kein Thier iſt, das ſo einen kleinen Anfang oder Urſprung und kleine Geburt hat, und doch zu einer ſo mer>lihen Gröſſe komme: Dann ihre Eyer ſind (wie gedacht) nur ſo groß, als wie ein Gänß-Ey, und gleichwol kommt ein Crocodyl biß auff 26. Ellen, wiewol etliche ſhreiben, daß er wachſe, ſo lang er lebe, und ſolle er zu einem groſſen Alter, auch biß auff die 60. Jahr kommen.

„„Der Crocodyl iſt ein betrügliches, liſtiges feindſeliges, räuberiſhes Thier, und ein heftiger Feind aller andern Thieren. — Dieſe ſonderbare Eigenſchaft ſoll dieſes Thier an ſih haben, nemli<, ſo bald die Jungen außgekrochen ſind, ſoll der Alte Acht auff ſie haben, welches nun niht alſobald etwas raubet und ins Maul faſſet, oder etwann ein StrohHälmlein, Kräutlein, Eydexlein, Flieglein, oder dergleichen käuet, und damit ſeine rechte Art anzeiget, das ſoll ex als ein Bantart halten und zerreiſſen. — Ein Vöglein, Trochylus, oder Königlein genannt, und der groſſe Crocodyl haben eine ſonderliche Freundſchafft und Zuneigung gegen einander, dann dieweil der Crocodyl ein Waſſer- Thier iſt, hat er immerdar in ſeinem Rachen Aeglen, und dieweil er Fleiſch frißt, ſte>en ihm immerdar ſeine Zühne voll Fleiſ<h, welches dieſem Vogel wol bewuſt, wann dann der Crocodyl fich an die Sonne legt zu ſchlaffen, welches er thut mit offenem Rachen ſo ſ<hläufft das Vögelein in ſeinen Rachen, pi>et und raumt oder ſtöchert ihm das Fleiſch auß den Zähnen, davon der Crocodyl eine groſſe Luſt empfähet, hält dem Vögelein ſtille, und den Rachen offen aber wann er will, daß es ſoll außfliegen, dieweil er ſeiner genug hat, ſo bewegt er den obern Kinnba>en gemählih, und läßt alſo das Vöglein unverleßt darvon fliegen.

„Dieſe Thier ſollen niht ſo gar überauß grauſam und ſchädli< ſeyn, wann ſie nur ſonſt Fiſche oder andere Speiſſe zu eſſen haben, ſie ſollen auh bißweilen ganß zahm gemacht werden. Aber wann ſie vom Hunger wütend werden, ſollen ſie ſich ſo grauſam erzeigen, daß ſie mit einem S<hlag ihres Shwanßes auch die allerſtäreſten darnieder ſchlagen, und ſie ſodann im Grimm aufffreſſen.

„Die Männlein unter dieſen Thieren ſollen eine inbrünſtige Liebe zu ihren Weibern tragen: Dann wann ſie bißweilen von den auff dem Nil fahrenden Schiffleuthen in der Brunſt gefunden werden, da das Weiblein auff dem Nu>en liget, und die Schiff-Leuthe mit