Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Nilkrokodil. Leiſtenkrokodil. Siamkrokodil, Rieſenkrokodil. 505

diefer einen Art an. Die von einzelnen Forſchern, wie 3. B. von Geoffroy Saint-Hilaire, angeführten Unterſchiede zwiſchen den Krokodilen des oberen und unteren Nils, und zwiſchen denen dieſes Stromes und anderer Gewäſſer Afrikas ſowie zwiſchen dieſen und den auf Madagaskar lebenden, die Grandidier und Gray bewogen, auh für Madagaskar eine eigne Art aufzuſtellen, haben ſi< niht als ſtichhaltig erwieſen. Dagegen komint außer dem Nilkrokodile in den Seen des Jnneren von Madagaskar die eben erwähnte zweite größere Art vor. Als Heimat des Nilkrokodiles ſind demnach die Gewäſſer des größten Teiles von Afrika, der Küſtengebiete wie des Fnneren, anzuſehen. Es iſt von dem Gebiete des Stromes, nah dem es benannt wurde, im Oſten ſüdwärts bis in das Gebiet des Limpopo und im Weſten vom Senegal bis zum Kunene verbreitet und findet ſi<h im Funeren vom Tſadegebiete und, laut Nachtigal, von den Gewäſſern Wadais ſüdwärts bis zum Ngamiſee. E. de Barys Angabe, wonach Krokodile in der Sahara, nördlih vom 25. Breitengrade, in Tümpeln des Wadi Mihero vorkommen ſollen, wird auf einem Jrrtum beruhen. Höchſt wahrſcheinlih rührten die zahlreichen Fußſpuren von 5—6 Fuß langen Krokodilen, die der Forſcher im S<hlamme bemerkte, vom Wüſtenwarane her. Von den Jnſeln bewohnt unſer Tier Madagaskar, die Komoren und die Seychellen, fehlt aber auf der weſtafrikaniſchen Fnſel Fernando Po. Es iſ heimiſch in fließenden und ſtehenden ſüßen Gewäſſern, in den Seen und Sümpfen wie in Tümpeln und Regenteichen, im mähhtigen Strome wie im unbedeutenden Fluſſe, hält ſih aber mit Vorliebe an ruhigen und tiefen Stellen der Gewäſſer auf.

Außerdem lebt das Nilkrokodil, Ledſchun der Araber, noh heutigestags in Paläſtina, aber nur no< an einem einzigen Orte und in wenigen Stü>en, im Zerka- oder Krokodilfluſſe nahe Cäſarea. Schon Plinius und Strabon kennen eine Stadt Krokodilon an Stelle des heutigen Vorkommens. Die exſten, die neuerdings auf das ſyriſche Krokodil aufmerkſam gemacht haben, ſind J. B. Roth und T. Tobler 1858. Die Leute S<humachers töteten 1877 ein 8 m langes Weibchen, das 48 Eier im Leibe hatte. Boettger erhielt eins dieſer Eier und ein Stü>k von dem Schwanze im Jahre 1879, ſo daß die Thatſache des Vorkommens außer allem Zweifel iſt. Auch Weßſtein ſah ein erlegtes Stü>k, JF. L. Sthneller das Gerippe eines über 2 m langen Tieres, die beide aus dem Zerkathale ſtammten. Eine ungefähr im Jahre 1880 von der Sen>enbergſchen naturforſchenden Geſellſchaft ausgerüſtete Jagdreiſe G. Schumachers auf ſyriſche Krokodile hatte übrigens feinen Erfolg.

Jn Ägypten iſt das Krokodil gegenwärtig faſt ausgerottet. Die Pfeile und Schleuderſteine, von welchen im Hiob, der wohl das in Paläſtina einheimiſche Tier aus eigner Anſchauung kannte, zu leſen iſt, konnten es freilich niht verjagen: die Büchſen- und Flintenfugeln haben es doh gethan. Unſer Leviathan iſt zwar niht vor ihnen zurü>gewichen, ſondern hat ſtandhaft ausgehalten wie ein Held; aber er hat das Leben laſſen müſſen vor dem Menſchen der Neuzeit. Seine Urweltstage ſind hier größtenteils dahin, ſeine Zeit iſt erfüllt, ſeitdem die neueren Jagdgeſchoſſe ſeines Panzers ſpotten, ſeitdem ein Kind den Mieſen zwingen kann. Schon heutzutage iſt der mutige Jchneumon, der Held der Sage, zum Spotte, ſein Thun zum zweifelhaften geworden. Ex braucht jeßt dort keine Krokodileier mehr zu freſſen, keinem Krokodile in den Nachen zu kfriehen, um ihm das Herz abzufreſſen, denn die wenigen überlebenden Panzerechſen dieſer Art, die ih no< in Ägypten ſah, werden inzwiſhen wohl unter den Kugeln reiſeluſtiger Europäer gefallen ſein, und der Jhneumon muß nun jedenfalls Hühnereier ſtatt der Krokodileier freſſen, wie er es, meiner feſten Überzeugung na<, immer gethan hat.

Meine erſte Bekanntſchaft mit dem Leviathan belehrte mich, daß in Ägypten ſeine Zeit um ſei. Zur Bekehrung der Heiden des Weißen Nils nach dem Sudan reiſende Jeſuiten, in