Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Nilkrokodil: Verehrung. Zähmbarkeit. ‘Jagdweiſen. DIEU

fauchend; im allgemeinen aber ſchien es höchſt unempfindlich zu ſein. Wir quälten es, ſoviel wir konnten, ohne daß es Unbehagen gezeigt hätte. Nur Tabakrauch ſchien es niht vertragen zu können: als mein Gefährte Vierthaler ihm ſeine brennende Pfeife unter die Naſe hielt, wurde es überaus wütend. Ein in der nächſten Nacht fallender Regen kam ihm ſehr zu ſtatten, weil er eine ziemlich tiefe und ausgedehnte Grube vor unſerem Hauſe in eine Lache verwandelte, die ihm nunmehr zur Herberge angewieſen wurde. Hier ſchien es ſih ſehr wohl zu befinden, hielt ſi< jedo< ſtets auf dem Grunde des Gewäſſers auf und kam ſelten und immer nur mit den Naſenlöchern zum Vorſchein, um zu atmen, während es, ſolange es auf tro>enem Lande geweſen war, ununterbrochen Luft gewechſelt hatte. Für die Bewohner der Hauptſtadt wurde unſer Krokodil ein Gegenſtand der köſtliſten Unterhaltung. Groß und klein umlagerte die Lache, in welcher dieſer „Sohn des Hundes“ ſih aufhielt. Um ſein Entfliehen nah dem nicht allzu entfernten Fluſſe zu verhüten, hatte ih es an einer Leine anbinden laſſen; jeder Vorübergehende zog nun das wehrloſe Tier an der Shnur auf das tro>ene Land heraus, betrachtete es genau und ließ es unter Flüchen und Schimpfreden, die wohl auh mit Steinwürfen gewürzt wurden, wieder los; ſogar fleine Buben maten ſi das ſeltene Vergnügen, einmal ein Krokodil zu mißhandeln. Um die Quälgeiſter zu ſchre>en, ließ ih die Stricke zerſchneiden, mit denen die Shnauze zugebunden worden war; aber auh das fruhtete wenig. Man holte lange Stöe herbei, {lug das Krokodil damit auf den Rücken und hielt ihm, wenn man es hinlänglich gereizt hatte, den dien Sto> zum Beißen vor; es erfaßte das Marterwerkzeug auh ſtets und mit ſol<her Wut, daß es ſi< an ihm hin und her ſhleifen ließ, ohne loSzulaſſen. Dabei brachen gewöhnlich einige ſeiner Zähne aus; aber ſelbſt dann verſuchte es noc feſtzuhalten. Dank den unendlichen Bemühungen der Einwohnerſchaft Chartums hatte es na< wenigen Tagen ſeinen „verruhten Geiſt“ aufgegeben.

Jung eingefangene Krokodile werden bald ebenſo zahm wie Eidechſen, laſſen ſi<h nah einiger Zeit berühren oder in die Hand nehmen, ohne zu blaſen oder zu fauchen, gewöhnen ſih an einen beſtimmten Ruf, nehmen ihnen vorgehaltenes Futter aus der Hand und ſind dann ſehr niedli<h. Daß ſorgſam aufgezogene, gewiſſermaßen erzogene Tiere auh im höheren Alter ſo mild und freundli<h bleiben, wie einem Krokodile überhaupt möglich iſt, läßt ſi mit Beſtimmtheit annehmen, und die Erzählungen der Alten über gezähmte Krokodile ſind daher ſiherlih weder übertrieben no< ausgeſ<mücdt.

Die alten Ägypter betrieben, laut Herodot, die Jagd auf Krokodile in verſchiedener Weiſe. Der Jäger warf ein großes Stück Schweinefleiſh, in welchem ein Haken befeſtigt wax, in den Strom, hielt ſih am Ufer verborgen und nötigte ein Ferkel dur<h Schläge zum Schreien. Dieſes Geſchrei lo>te das Krokodil herbei; es verſhlang das Schweinefleiſch und wurde mit Hilfe der Angel an das Land gezogen. Hier verſhmierte der Jäger ihm zunächſt die Augen mit Schlamm, um ſi vor ſeinen Angriffen zu ſihern; dann wurde es in aller Gemächlichkeit abgethan.

Nicht unähnlich iſt eine Art des Fanges, wie ſie, nah P. Heſſe, noh heute von den Negern am unteren Kongo betrieben wird. „Zwei an beiden Enden zugeſpißte Stäbchen von hartem Holze werden kreuzweiſe verbunden und an einer Leine befeſtigt, deren anderes Ende um einen am Ufer eingerammten ſtarken Pfahl geſ<lungen wird. Jn der Mitte der Leine bringt man einen hölzernen Shwimmer an, verſieht das Holzkreuz mit einem Köder, wozu gewöhnlich die Eingeweide geſhlachteter Tiere dienen, und verſenkt es abends in den Fluß. Will ein Krokodil den Köder verſchlingen, ſo bohren ſi die ſpißen Stäbchen in den weihen Gaumen ein, und zwar um ſo tiefer, je ſtärkere Anſtrengungen das Tier macht, um ſi zu befreien Nicht ſelten zerreißt dabei die Leine und es entkommt; dann begibt man ſi auf die Suche und findet gewöhnlih in nicht allzu großer