Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Leiſtenkrotodil und Sumpfkrokodil. 525

Jnſelmeeres aufgehalten haben. Epp, der 10 Jahre auf Bangka lebte gibt an, daß in dieſer Zeit etwa 30 Menſchen von Krokodilen getötet oder doh ſ{<wer verwundet wurden. Auf Ceylon ſcheinen niht ſo viele Unglücksfälle vorzukommen; wenigſtens läßt ſih Sir Emerſon Tennent niht ausführlih darüber aus.

Die engliſchen amtlihen Angaben über die in Fndien dur wilde Tiere verurſachten Verluſte an Menſchenleben enthalten bloß wenige und beiläufige Bemerkungen über die Fälle, die den Krokodilen zugeſchrieben werden, und ſind deshalb geeignet, Forſyths Anſicht zu bekräftigen, daß die Krokodile in Fndien für den Menſchen bei weitem nicht ſo gefährlich ſind, wie man na< manchen Berichten, die auf Hörenſagen beruhen, annehmen könnte. Es ſind nah den amtlichen Berichten 1882 in Bengalen 202 Menſchen, 1884 und 1885 in den Nordweſtprovinzen und Audh 20 und 24, und in denſelben Fahren in Bombay 3 und 5 Menſchen den Krokodilen zum Opfer gefallen. Dies ſind die einzigen einigermaßen zuverläſſigen Angaben. Trovdem daß in ihnen bloß von „Alligatoren“ die Rede iſt, dürfen wir annehmen, daß der größere Teil dieſes Menſchenverluſtes dem Leiſtentroktodile und nur der kleinere dem Sumpfkrokodile oder Magar, aber wohl niht ein Todesfall dem Gaviale zur Laſt zu legen iſt.

Sehr erklärlich iſt es, daß die gefährlichen Tiere au< in Aſien nahdrü>li<h verfolgt, ebenſo ertlärlih, daß ſie hier und da heilig gehalten und göttlich verehrt werden. Jn den Gegenden, wo man unſere Panzere<ſe für ſo heilig hält, daß man keinen höheren Wunſch fennt als den, nah dem Tode anſtatt in einen Engel, in ein Krokodil verwandelt zu werden, verfolgt man das Tier niemals, ſucht ſi< vielmehr mit ihm zu befreunden. Daß man das Sumpffrokodil noh heutigestags für heilig hält, unterliegt feinem Zweifel, weil faſt alle Reiſenden in Fndien, die ſeiner Erwähnung thun, von ſolcher Anſchauung der Eingeborenen zu berihten wiſſen. Orlich beſuchte im Jahre 1842 den heiligen Krokodilteih in der Nähe der Stadt Karratſchi, einen berühmten Wallfahrtsort für die Eingeborenen. Jn ihm lebten etwa 50 dieſer Krokodile, darunter einige von großer Länge. Der Brahmine, dem die Pflege der Tiere anvertraut war, rief ſie in Gegenwart des Reiſenden herbei, um ſie zu füttern. Zu niht geringem Erſtaunen Orlichs gehorchten die Krokodile ihrem Pfleger, kamen auf ſeinen Ruf aus dem Waſſer heraus, legten ſich mit weit aufgeſperrtem Rachen im Halbkreiſe vor ihm hin und ließen ſi< dur Berührung mit einem Rohrſtabe willig leiten. Zu ihrer Mahlzeit wurde ein Ziegenbo> geſchlachtet, in Stüe zerhauen und jedem Krokodile eins davon vorgeworfen. Nach beendigter Mahlzeit trieb ſie der Wärter mit ſeinem Rohrſto>e wieder ins Waſſer. Trumpp ſagt, daß ſich wenigſtens 12 Fakirs der Pflege und Anbetung der Krokodile dieſes Teiches widmen, deren Ernährung aber, wie billig, dem gläubigen Volke aufbürden. Schlagintweit ſpricht ebenfalls von gezähmten und wohlgepflegten Krokodilen, nennt ſie aber ihrer furzen Schnauze wegen irrtümlich Alligatoren. „Wie zahm die Alligatoren im Magar-Teiche ſind“, ſagt er, „läßt ſih daraus ſ<ließen, daß die Muſelmanen auf die Köpfe von einigen großen Zeihnungen ſowie religiöſe Sprüche in Ölfarben aufgetragen haben. Es iſt ein wunderbares Schauſpiel von allen Seiten ſich von herbeigerufenen Alligatoren umringt zu ſehen, aber ein Schauſpiel, das, vielleicht gerade ſeiner Neuheit und Seltenheit wegen, wohl bei niemand das ſonſt ſo ſehr natürliche Gefühl der Furcht erwe>t.“

Anderſon verſichert in einem Fluſſe Sumatras ein rieſenhaftes Leiſtenkrokodil geſehen zu haben, das regelmäßig mit Fiſchköpfen gefüttert wurde und infolge der guten Behandlung ſehr zahm geworden wax. Dieſer ſonderbare Heilige vertrieb alle übrigen, zeigte ſih aber gegen ſeine gläubigen Verehrer ſo gutmütig, daß er ihnen geſtattete, ſeinen gebenedeiten Leib zu berühren. Zur Mahlzeit ſtellte er ſih pünktlich ein; ſonſt vertrieb er ſich die Zeit mit beſchaulihem Nichtsthun. „Wie bei dem Menſchen“ ſo ſpricht ſi<h E. von