Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

598 Zweite Ordnung: Panzerechſen; einzige Familie: Krokodile.

beim flüchtigen Erbliken gar niht verwechſelt werden, da ſein kurzer Kopf, ſo weit er aus dem Waſſer ragt, auffallend an den eines re<t großen Froſches erinnert, dazu auf der Schnauze eine ſehr bezeihnende Wulſtung beſizt, und da außerdem die Farbe des Tieres ein ſ{<mußiges Braun iſt.“ Lebende Junge erhalten wir in neuerer Zeit nicht allzu ſelten, ſehen ſie daher au< dann und wann in Tiergärten oder Schaubuden, gewöhnli< in ſo engen Be>en, daß es ſih von vornherein verbietet, an ihnen Beobachtungen anſtellen zu wollen. Die Stücke, die ih ſelbſt pflegte, betrugen und gebarten ſih in jeder Beziehung genau ebenſo wie ihre größeren Verwandten.

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Die Alligatoren (Alligator) bilden eine weitere Gattung der Familie und Uunterſcheiden ſich dadur<h von den bisher geſchilderten Panzerehſen, daß bei ihnen der Oberfieſer zur. Aufnahme des jederſeitigen vierten Unterkieferzahnes niht Ausſchnitte, ſondern tiefe Gruben beſitzt. Die Anzahl der Zähne beträgt wenigſtens 17 in jedem Kiefer, kann aber bis zu 20 in jedem Ober- und 22 in jedem Unterkiefer, ſomit bis zu 84 anſteigen. Sie beſißen eine knöcherne Naſenſcheidewand; die Knochenplatten des Rückens ſind ähnlich gebaut wie bei den Krokodilen, aber in den Bauchſchilden fehlen Hautknochen, oder ſie ſind ſehr dünn und unſcheinbar. Man kennt aus dieſer Gattung zwei nordamerikaniſche und eine ſüdoſtchineſiſhe Art.

Lettere, die erſt im Jahre 1879 beſchrieben worden iſt, der China-Alligator (Allicator sinensis), unterſcheidet ſih von den Nordamerikanern durch 2 oder häufiger 3 Paare hintereinander liegender- Na>enſchilde und dur 6, ſeltener 8 Längsreihen von Rü>enſchilden. Er ſtammt aus dem Unterlaufe des Jang-tſe-kiang und wird gegen 2 m lang. Die Färbung und Zeichnung iſt ſehr ähnli der ſeiner anerikaniſhen Verwandten. Obgleich dieſer Alligator bereits in mehrere Tiergärten Europas gelangt iſt, wiſſen wir noh wenig über ſeine Lebensweiſe.

Über das Gefangenleben berihtet W. Wolterstorff: „Die beiden ſhönen Stücke, die B. Shma>er in Shanghai 1890 dem Frankfurter Tiergarten ſchenkte, und die ih längere Zeit zu beobachten Gelegenheit hatte, ſtammen aus der Gegend von Wuhu am Jangtſe-fiang. Sie waren von dem Schenker vor ihrer Verſendung na< Europa 6 Wochen lang in einer Badewanne untergebracht geweſen. Als ih die Tiere zum erſtenmal in Augenſchein nahm, überraſchte mich ihre verhältnismäßig bedeutende Größe; das kleinere maß etwa 1,6, das größere 1,8 m Länge, übertraf alſo die bisher bekannte Maximalgröße der Art. Leider entſpra<h das Weſen der beiden Chineſen ihrem Alter; wie erwachſene amerikaniſche Alligatoren verhielten ſie ſi< in der Gefangenſchaft in hohem Grade faul und langweilig, und es gelang mir während ſe<smonatiger Beobachtung der Tiere niht, ein auh nur annäherndes Vild von ihrem Thun und Treiben in der Freiheit zu gewinnen, um fo mehr, als ih ſie nux im Winterhalbjahre beſuchen konnte, und die ihnen vorläufig angewieſenen Räumlichkeiten im Afffenhauſe, zwei große Drahtkiſten mit einem geräumigen, aber flahen Waſſerbehälter, den Anforderungen der rieſigen Kriechtiere kaum entſprachen. War ihnen doch in dieſen Käfigen das Schwimmen gänzlich verſagt!

„Zn den erſten Wochen ihres Frankfurter Aufenthaltes ſoll einer der Alligatoren, nah Angabe des Wärters, noh rohes Fleiſch geſreſſen haben; ſeitdem hungerten ſie den ganzen Winter hindur< beharrlich. Jh ſelbſt habe mich wiederholt bemüht, ihnen an wärmeren Tagen Fleiſch oder lebende Fröſche beizubringen, aber immer vergeblich; riß man ihnen den Rachen auf und ſtedte man ihnen dann Futter zu, ſo ließen ſie es \0gleich wieder fallen. Auch Fröſche, die über Nacht in ihrem Käfige belaſſen worden waren,