Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

China-Alligator: Vorkommen. Beobachtungen an Gefangenen. 529

blieben unbehelligt. Dagegen vermute ih, daß die Tiere in ihrer Heimat neben Fiſchen und Fröſchen auh Waſſerſhne>en (Paludina) freſſen, an welchen die Gewäſſer Chinas jo reih ſind, da ih mehrere Deel von ſolchen in ihrem Kote gefunden habe. Es wäre das nicht allzu überraſchend, da ähnliches ja au< von ſüdamerifaniſhen Kaimanarten bekannt iſt. Jm Frühjahre bequemte ſih das größere der beiden Stücke, rohes Fleiſch anzunehmen, gedeiht dabei ſihtlih und hat ſih jezt auh gut eingewöhnt; das tleinere, das eine bösartige, eiternde Fußwunde aus ſeiner Heimat mitgebracht hatte, ſtarb, ohne einen Biſſen Nahrung zu nehmen, gerade ein Fahr nah ſeiner Ankunft in Europa und ziert jezt ausgeſtopft die an Kriehtieren reihe Frankfurter Sammlung.

„În der erſten Zeit verhielten ſih die beiden Panzerehſen gegen Störungen ziemlih empfindlih, namentlih das kleinere Stü, das in ſeinem niedrigen Kaſten der menſ<lichen Annäherung auh ſtärker ausgeſeßt war als das andere. So zog es ſi<h bei meinem erſten Fütterungsverſuche nah Öffnung des Deckels grollend und zähnefletſchend, d. h. mit geöffnetem Rachen, in die entfernteſte Eke ſeines Käfigs zurück; ſpäter freilih/ bei verminderter Wärme, ließ es alles ruhig über ſi< ergehen. Wurde es durch Berührung des Kopfes mit einem Bleiſtiſt, dur< Kraßen mit dem Fingernagel oder dur< Kigeln der weichen Na>kenhaut aus ſeinem Schlummer erwe>t, dann öffnete es wohl auch die Augen, doh nux, um ſie alsbald wieder zu ſchließen. Auf Zuhalten der Naſenlöcher erfolgte an einem fühlen Novembertage Puſten und ſchwaches Schütteln des Kopfes, aber niht einmal Öffnung der Augen; und während der ſtarken Kälte im Fanuar ließ ſi der Alligator, in völliger Ruhe verharrend, ſogar behufs Unterſuhung der Bezahnung den Rachen aufſperren, ohne, wenn ih ſo ſagen ſoll, mit einer Wimper zu zu>en.

„Überhaupt wurden die Tiere von mir faſt ſtets ſhlafend angetroffen, bald im Waſſer, bald auf dem Lande. Jm erſteren Falle ſtanden ſie unbewegli<h, und nur die Naſenſpitze ragte über die Oberfläche hervor; am Lande, das ſie übrigens nur ſelten betraten, lagen fie einigemal in ähnliher Stellung, wie ſie Müßel vom Hechtalligator (S. 531) ſo lebenswahr dargeſtellt hat, mit nach hinten gerichteten Vorder- und Hinterbeinen der Länge nach platt auf den Boden gedrü>t; au der Kopf war herabgeſunken und nur der Schwanz ſtand noh aufrecht.

„n einen eigentlichen Winterſchlaf verfielen die China-Alligatoren in dem erwärmten Tierhauſe alſo niht, da ſie ja ab und zu ihre Lage freiwillig we<ſelten, und man ſie auh zuweilen mit geöffneten Augen wachend fand; immerhin läßt fich ihr Mangel an Appetit während des Winters nur durch die geringe Bewegungsluſt während dieſes langen Zeitraumes erklären. Daß wenigſtens das größere der Tiere dabei völlig geſund war und blieb, iſt ganz zweifellos.“

Zn Nordamerika laufen ganz ungeheuerliche Erzählungen um über die Furchtbarkeit mancher dort einheimiſcher Tiere, beſonders über die der Klapperſchlangen, der Grislibären, der Alligatoren 2c, die, phantaſievoll ausgeſ<müd>t, auh anderwärts der gläubigen Leſerwelt aufgetiſ<ht werden. Wollte man, um nur ein Beiſpiel anzuführen, einem gewiſſen Bartram, der vorgibt, mit dem Weſen der nordamerikaniſhen Alligatoren innig vertraut zu ſein und die wunderbarſten Dinge mit dieſen Näubern erlebt zu haben, Glauben ſchenken, ſo müßte man ſi billig verwundern, daß die Nachbarſchaft der Gewäſſer Floridas überhaupt von Menſchen bewohnt werden kann.

Bartram erzählt von einer Schiffahrt auf dem Johannisfluſſe und ſeinem Zuſammentreffen mit den Alligatoren ungefähr Folgendes: Er fährt in einem kleinen Boote den Fluß hinunter. Die Sonne will untergehen. Krokodile wimmeln von allen Seiten herbei. Er beeilt ſi, ſeine Fiſcherei zu beenden und bewaffnet ſi, weil er fürchtet, daß ſein

34

Brehm, Tierleben. 3. Auflage. FIL.