Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Äußerer und innerer Bau. Körperteile. 545

mehreren kleinen, unregelmäßigen Knöchelchen gebildet. Hand und Fuß beſtehen in der Negel aus fünf zwei- oder drei-, ſelten vier- oder mehrgliederigen Zehen, deren leßtes Glied gewöhnli<h einen Nagel trägt.

Weder an den Rumpfwirbeln no< an dem Rü>enpanzer ſeßen ſi< innen Muskeln an, und auch die Bauhmuskeln ſind verkümmert, indem ſie faſt nur zum Verſchluß der hinteren Öffnung des Panzers dienen. Dagegen zeichnen ſi die Halsmuskeln, deren tiefer liegende die vordere Panzeröffnung verſchließen, ſowie diejenigen, welche Beine und Schwanz bewegen, durch ihre Maſſigkeit und Stärke aus. Speicheldrüſen ſind nur bei einigen Landſchildkröten vorhanden, von einer Einſpeichelung des Biſſens kann alſo bei der größeren Mehrzahl der Schildkröten keine Rede ſein; der Schlund iſt ziemlih weit, aber wenig dehnbar; die Speiſeröhre bildet keinen Magenmund; der längliche, ſehr di>wandige Magen aber wird durch einen freisrunden Wulſt von dem Darmſchlauche ſcharf geſchieden, der feinen Blinddarm hat und fih dur< ſeine Länge auszeihnet. Die große Leber teilt ſich in zwei Lappen und ſchließt die ebenfalls umfangreihe Gallenblaſe in ſih ein. Nieren, eine Harnblaſe und Lymphgefäße ſind vorhanden. Die Afteröffnung iſt rund oder in einer Längsſpalte gelegen. Atmung und Kreislauf des Blutes ſind bei den Schildkröten vollkommener als bei anderen

Gerippe der Waldſchildkröte, Längëdurchſcnitt.

Kriehtieren, wenn auh no< immer ſehr langſam und unregelmäßig. Gaumenſegel und Deel fehlen; der Keh!kopf öffnet ſih, indem er vor den Schlund tritt, und ſchließt ſi</ wenn er zurüdgeſchoben wird. Da nun aber die Bruſt nahezu vollſtändig unbeweglich und au< das Zwer<{hfell nur als dünne Haut entwi>elt iſt, müſſen die ſehr großen und ausgedehnten, mit den übrigen Eingeweiden in derſelben Höhle eingeſchloſſenen Lungen durc ein abſonderliches Spielen des Mundes unter Zuhilfenahme der Thätigkeit mehrerer Bauchmuskeln und der Schulter- und Beckenmuskeln gefüllt werden. Die Schildkröten verſhlu>en, wenn man ſo ſagen darf, die Luft, indem ſie den Mund feſt {ließen und wechſelweiſe das Zungenbein heben und ſenken: beim Senken ſtrömt die Luft dur die Naſe ein beim Erheben werden die Naſenlöcher geſ{hlo}en und die Lungen vollgepumpt. Bei den Seeſchildkröten wird übrigens, wie G. Rouch nachgewieſen hat, die Ausatmung durch die Federkraft des Panzers bewirkt. Luftröhre und Kehlkopf ſcheiden ſih deutlich; trobdem wird nur von wenigen Arten eine Stimme vernommen. Die männliche Schildfröte hat eine einfache, große, durch eine Furche geteilte Nute die in der Kloake verborgen liegt, das Weibchen doppelte, traubenförmige Eierſtöcke, in welchen man {hon 10 Monate vor dem Legen die ſehr kleinen Eier deutlih bemerkt. Der ſehr kleine Schädelraum iſt mit Hirn erfüllt deſſen Maſſe in gar keinem Verhältnis zu der des Leibes, auh nicht in demſelben Verhältnis wie bei den höheren Wirbeltieren zu der des Nückenmarkes ſteht Brehm, Tierleben. 3. Auflage. PIL 35