Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

566 Dritte Ordnung: Schildkröten; fünfte Familie: Landſchildkröten.

das nämliche thun, darf man dieſes Landleben wohl als eine Eigentümlichkeit der Art anſehen, niht aber als die Folge der Leiden, die ſie im Waſſer etwa auszuſtehen hat. Fhre Negſamkeit bekundet ſie au< anderen Tieren gegenüber: ſie iſt ſtets geneigt, Genoſſen ihrer Wohngewäſſer oder Käfige anzugreifen und zu vertreiben. Hinſichtlich ihrer Nahrung und Fortpflanzung unterſcheidet ſie ſi< von anderen Waſſerſchildkröten wenig oder niht.

Der Rückenpanzer der Pfuhlſchildkröten (Emys), zu denen die unten genannte zugleich mit einer nahe verwandten nordamerikaniſchen Art zählt, iſt mäßig gewölbt, eine Nackenplatte und doppelte Schwanzplatten ſind vorhanden, der mit dem Rückenpanzer dur ein Knorpelband verbundene Bauchpanzer iſt breit und aus zwölf Platten in zwei beweglichen Stücken zuſammengeſeßt; doch iſt die Beweglichkeit der beiden Bauchpanzerhälſten ſelbſt beim völlig erwachſenen Tiere zu ſ{hwach, als daß dieſe die Öffnungen des Rü>enpanzers vollſtändig ſchließen könnten. Achſel- und Weichenplatten fehlen. Die Vorderfüße haben 5, die Hinterfüße 4 Krallen, die einen wie die anderen wohlentwi>elte Schwimmhäute. Glatte Haut befleidet den Kopf, wogegen die Beine, zumal die hinteren, mit größeren Schüppchen bede>t ſind. Dem zieili<h langen Schwanze fehlt der die Spive bei vielen Schildkröten umhüllende Nagel.

Unſere Teichſchildkröte (Emys orbicularis. lutaria, europaea und pulchella, Testudo orbicularis, Iutaria, europaea, meleagris, flava und pulchella, Cistudo europaea, hellenica und lutária, Terrapene europaea, Lutremys europaea) erreicht eine Geſamtlänge von 32 em, wovon 8 em auf den Shwanz zu rechnen ſind, der Panzer hat eine Länge von höchſtens 19 em. Die ungepanzerten Teile ſind auf \<hwärzlihem Grunde hin und wieder mit gelben Punkten, die Platten des Rü>enpanzers auf ſ{hwarzgrünem Grunde durch ſtrahlig verlaufende, gleihſam geſpribte Punktreihen von gelber Färbung gezeichnet, die des Bauchpanzers ſhmußtig gelb, unregelmäßig und ſpärlih braun gepunktet oder ſtrahlig geflammt, alle in Färbung und Zeichnung vielfahen Abänderungen unterworfen, mitunter ganz ſ{hwarzbraun.

Als die wahre und vielleicht urſprüngliche Heimat der Teichſchildkröte muß man den Süden und das öſtlihe Mitteleuropa anſehen. Sie iſt gemein in Albanien, Dalmatien und Bosnien, in Ftalien, einſchließli< ſeiner Fnſeln, ſowie in den Donautiefländern und Ungarn, aber auh in Südfrankreich, kommt ebenſo in Spanien, Portugal und in Algerien nördlich des Atlasgebirges und nicht minder in einem ausgedehnten Teile des ruſſiſchen Reiches, nah Oſten hin bis zum Syxr-darja, ja ſelbſt in Kurdiſtan und Perſien vor. Fn Deutſchland bewohnt ſie fließende und ſtehende Gewäſſer in Brandenburg, Poſen, Weſt- und Oſtpreußen, Pommern und Me>lenburg, vielleiht auch einen Teil von S{hleſien, alſo ausſchließli<h das Gebiet der Oder und Weichſel. Fn der Havel und Spree iſt ſie obgleich ſie meiſt nur ſtellenweiſe regelmäßig beobachtet wird, nicht ſelten, in der ſüdlichen Oder und Weichſel fehlt ſie ebenſowenig; der Oſtſee dagegen nähert ſie ſih nicht. Jrgend ſonſt in Deutſchland gefundene lebende Stücke müſſen als zufällig verſprengte, aus der Gefangenſchaft entwihene Tiere betrachtet werden. Die Schildkröte iſt jezt nur noh im Nordoſten bei uns heimiſch, während ſie noh nach der Eiszeit die Sümpfe und Moore ganz Deutſchlands bis an den Rhein hin und Englands belebte. Db die Art im ſtande iſt, ſich neuerdings das Gebiet von Leipzig wiederzuerobern, wie H. Simroth annimmt, wird die Zeit lehren. Unter allen Schildkröten dringt ſie am weiteſten nah Norden vor, verbreitet ſih auch über ein ausgedehnteres Gebiet als irgend eine ihrer Verwandten; denn ihre Wohnſize liegen zwiſchen dem 36. und in Weſteuropa dem 46., in Oſteuropa dem