Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

578 Dritte Ordnung: Schildkröten; fünfte Familie: Landſchildkröten.

beiden anderen Arten Berichte vor, die das gerade Gegenteil jener Angabe ausſprechen. Usſher erklärt die vorſtehend beſchriebene Gelentſchildkröte als ein in Oberguinea ziemli<h häufig vorkommendes Tier, bemerkt, daß ſie den Eingeborenen als Nahrung diene, deshalb von ihnen hohgeſ<häßt und aus demſelben Grunde ſelten zum Kaufe angeboten werde, fügt aber wörtlih hinzu: „Sie ſcheint fehr lange Zeit im Waſſer zu leben: eine von denen, die ih heimbrachte, hat ſi< monatelang in einem Waſſſerbe>en aufgehalten.“ Hiermit ſtimmt nun eine Mitteilung Falkenſteins ſehr gut überein. „Über die Gelenkſchildkröten“, ſo ſchreibt er mir, „habe ih weder dur< eigne Beobachtungen no< aus dem Munde der Neger viel erfahren können. Das einzige, was ih weiß, iſt, daß die von mix lebend mitgebrachte Gezähnelte Gelenkſcildkröte niht häufig vorkommt und in oder an Flüſſen bis zur Grenze des Seewaſſer-Einfluſſes gefunden wird. Von hier aus geht ſie zum Eierablegen ans Ufer und wird dabei gefangen; zu welcher Zeit dies geſchieht, weiß ih nicht genau. Jh bin überzeugt, daß ſie tro ihrer Klumpfüße eine gute Shwimmerin iſt; wenigſtens holten ſi< meine Gefangenen Futter aus ziemlih tiefen Waſſerbe>en heraus und tauchten, um es zu ſuchen, bis auf den Grund hinab.“

Das Gefangenleben der Gelenkſchildkröten hat F. von Fiſcher kurz geſchildert und zwar nah Beobachtungen an allen drei Arten der Gattung. Sie ſtimmen na< ihm in ihren Sitten und Gewohnheiten dur<haus miteinander überein, ſind ſehr träge und ſtumpfe Tagtiere, die kaum merkli< von der Stelle zu fommen ſcheinen, und ihre Bewegungen ſind ſo langſam wie das Rüken eines Minutenzeigers, dabei auh, beiſpielsweiſe beim Freſſen, ſo unbeholfen, daß von Fiſcher ſih wundern mußte, ſie überhaupt ſatt werden zu ſehen. Eine, die Effeldt pflegte, nahm nur Kirſchen an; die, die von Fiſcher gefangen hielt verzehrten ausſ<hließli< Äpfel: ſie fraßen aber niht öfter als alle 8—14 Tage einmal, und man<hmal vergingen 3—4 Wochen, bevor ſih eine überhaupt dazu entſ{loß. Bei klarem Wetter und nah einem warmen Bade regte ſich die Freßluſt noh am erſten; beim Freſſen aber fällt ihnen der Biſſen oft aus dem Maule, und ſie beißen dann unzähligemal nah ihm, ohne ihn erſ<hnappen zu können, ſo daß bis zu ihrer vollſtändigen Sättigung wohl 2 oder $ Stunden nötig ſind. Effeldt teilte mir kurz vor ſeinem Tode mit daß der Gang der Gelenkſchildkröten von dem aller übrigen ihm bekannten Landſchildkröten ſih unterſcheide und ein Stelzengang im eigentlihen Sinne des Wortes ſei, da die Tiere bu<hſtäblih auf den Nägeln ihrer Vorderfüße einherſchreiten, ſo, wie dies aus Müßt els Zeichnung (S. 577) erſichtlich iſt. Plöblich erſchre>t oder dauernd beängſtigt, ziehen ſie ſi< gänzlih in ihren Panzer zurü>, klappen deſſen beweglichen Hinterteil herab und bilden dann die von Mützel ebenfalls getreulih wiedergegebene, nur vorn noh geöffnete Kapſel.

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Die Gattung der Landſchildkröten im engſten Sinne (Testudo) Tennzeihnet ſich, laut Strauch, dur< Folgendes: Der meiſt ſtark gewölbte Rückenpanzer beſteht aus einem Stü>e, der Bauchpanzer, der aus zwölf Platten zuſammengeſetzt iſt, aus einem oder zwei Stücken, im leßteren Falle aus einem vorderen unbeweglichen und einem hinteren beweglichen; die Shwanzplatte iſt ſtets einfach, obwohl zuweilen auf ihrer Oberfläche geteilt; die Na>enplatte kann zwiſchen den anderen Randplatten eingeſchoben ſein oder fehlen; Achſel: und Weichenplatten ſind vorhanden. Der Kopf iſt beſchildet, das Schwanzende zuweilen mit einem Nagel verſehen. Große, meiſt dachziegelförmig gelagerte Horn: ſchuppen bekleiden die Vorderarme, ſpoxenartige Knoten die Ha>en der Hinterfüße, oft einzeln oder in Gruppen auch die Hinterſeite der Schenkel. Die Zehen der plumpen Füße ſind bis an das Nagelglied unbeweglih miteinander verwaWhſen, beſißen niht mehr als zwei Glieder und ſind vorn mit 5, ſeltener 4, hinten ſtets mit 4 Krallen ausgeſtaitet. Alle