Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Gezähnelte Gelenkſchildkvöte. Waldſchildkröte. 579

hierher gehörigen Arten gehen auf den Zehen und ſind Landtiere im eigentlihen Sinne des Wortes. G. A. Boulenger fügt dieſen Kennzeichen no<h bei, daß in der Oberkinnlade, deren innerem und äußerem Rande gleichlaufend, ſtets eine knöherne Längsleiſte vorhanden iſt. Man kennt 43 Arten dieſer großen Gattung, von denen freilich bereits ein Teil der größeren Formen als ausgeſtorben bezeichnet werden muß, aus Südeuropa, Südaſien, Afrika, den ſüdlihen Vereinigten Staaten und Südamerika. Faſt die Hälfte aller Arten gehört dem tropiſchen und ſubtropiſchen Afrika und ſeinen Fnſeln an.

Aus Südamerika gelangt gegenwärtig ſehr häufig eine Landſchildkröte lebend zu uns, die in Braſilien Schabuti heißt: die Waldſchildkröte (Testudo ftabulata, sculpta, denticulata, tessellata, hercules, carbonaria, cagado und boiei, Chersine tesgellata und tabulata, Chelonoides tabulata). Shre Geſtalt ift ziemlich plump, der Panzer flac vorn und hinten abſchüſſig, an den Rändern nirgends umgekrämpelt, ſehr ſtark verlängert, der Kopf ziemlih groß, der Rand der hornigen Kiefer fein gezähnelt, der Hals mäßig lang und di>, der Schwanz ſehr kurz; die plumpen Füße fallen auf dur< ihre Länge. Auf dem Rückenpanzer bilden wie gewöhnlih 5 breite Platten die mittlere, 4 jederſeits die ſeitlihe und 23 kleinere Nandplatten die äußere Betäfelung; ein Natenſchild fehlt; die Wirbelplatten haben eine erhöhte Mittelfläche, die ſi< dur< gelbe oder rothgelbe Färbung auszeihnet. Der Bauchpanzer iſt groß, vorn abgeſtußt, hinten breit ſtumpfwinkelig ausgeſchnitten und mit zwölf Platten bede>t. Die Kehlplatten ſind deutli entwid>elt, aber nicht vorgezogen. Der Nückenpanzer iſt dunkelbraun oder [<warz, jede Platte mit gelbem Mittelfle>en, der Bauchpanzer braun und gelb und oft gelb mit einem großen gerundeten dunkelbraunen Mittelfle>en. Die unbede>ten Teile haben ſ{wärzlihe Färbung und ſind dur< mancherlei orangengelbe oder rote Fle>en gezeihnet; der Scheitel iſt blaßgelb, ſ<wärzlih gefle> und geſtrichelt, der übrige Kopf ſ{wärzlih; über der Naſe ſtehen ein paar runde gelbe Fle>en nebeneinander, über der Ohrgegend zwei ähnliche und einer am hinteren Ende des Unterkiefers; vom ſ<hwärzlihen Grunde des Vorderbeines heben ſih hoh orange gefärbte Schuppen lebhaft ab, wogegen die Hinterbeine nur an den Schenteln einzelne gelbe Schuppen tragen und außerdem an der Ferſe einige gleichgefärbte Fleen zeigen. Die Länge des Panzers beträgt 55 cm. Das Männchen unterſcheidet ſich von dem Weibchen dur einen etwas ſchlankeren Schwanz und den auf der unteren Fläche flachen, ja eingeſenkten Bauchpanzer; beim jungen Tiere iſt das Gehäuſe höher gewölbt als bei dem alten und die Färbung lebhafter.

Der Shabuti verbreitet ſi< über das ganze tropiſche Südamerika öſtlich der Anden, bewohnt na<h dem Prinzen von Wied den größten Teil Braſiliens laut O, Boettger Paraguay, laut Shomburgk alle Waldungen Guayanas bis zu 600 m über dem Meere, laut Gachet in großer Anzahl ganz Venezuela und kommt auh auf den dem Norden Südamerikas vorgelagerten Kleinen Antillen, namentli<h auf Trinidad, St. Vincent und St. Lucia, vor. An geeigneten Orten ſcheint er ſehr häufig zu ſein. „Zh fand“, ſagt der Prinz von Wied, „ausgeleerte Panzer in den Wäldern von Tapebucu, einen halben Grad nördlih von Cabo Frio, und, von hier nah dieſer Himmelsgegend fortgehend, die Tiere ſelbſt überall in den großen Waldungen des öſtlichen Braſilien. Am Belmonte waren ſie niht ſelten, und in den NReiſeſä>en der Botokuden bemerkten wir ganze Panzer von ihnen ſowie den Oberſchild einer Flußſchildkröte, in wel<hem dieſe Wilden ihre Farben anreiben. Am Fluſſe Jlheos endlich, auf der ununterbrochenen Waldreiſe, haben wir ſie häufig im dichteſten Walde angetroffen. Sie ſollen bloß auf dem tro>enen Lande und zwar im Walde leben, au<h habe ich ſie nur da beobachtet. Man ſieht ſie langſam auf

ihren dien Stelzfüßen einhergehen und ihre Glieder einziehen, wenn ſih etwas Fremdes 37*

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