Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

616 Dritte Ordnung: Schildkröten; achte Familie: Flußſchildkröten.

weit vom Ufer zu entfernen. Dieſe Behauptung iſt gewiß unrichtig; die Bedeckung der Kiefer mit einer lippenähnlihen wulſtigen Haut widerſpricht ihr ebenſo entſchieden wie Schomburgks Mitteilung. Weit glaublicher ſcheint mir die Angabe Pöppigs: „Sie nährt ſih von kleinen Fiſchen und Fröſchchen, liegt lauernd zwiſchen <hwimmenden Waſſerpflanzen, ſ{<wimmt ſ<hnell, vermag ſogar Fiſche einzuholen und erhaſht dur plöbliches Auftauchen kleine Waſſervögel.“ Möglicherweiſe dienen ihr die abſonderlihen Anhängſel ihres Kopfes und Halſes als Köder für leicht zu bethörende Fiſchchen, die durh die wurmähnlichen Gebilde angelo>t und dann von ihr ergriffen werden. Goutier hat, wie er verſichert, ein Weibchen einige Zeit „ſehr leiht“ mit Gras und Brot erhalten, ſagt aber freili< niht, wie lange. Alte, die ih in Gefangenſchaft ſah oder ſelbſt pflegte nahmen keinerlei Nahrung an und ſtarben immer im Laufe weniger Wochen, langweilten auh dur ihre Lihhtſcheu und träge Ruhe jeden! der ſie beobachtete. Ob andere glü>licher geweſen ſind als ih, weiß ih niht. Nach A. Günther beſteht die Nahrung dieſer Art in der Freiheit vermutlich aus Froſchlarven.

Die Vermehrung der Matamata ſoll {hwa< ſein und das Fortpflanzungsgeſchäft ſih im allgemeinen niht von dem verwandter Arten unterſcheiden. Das Weibchen, das Goutier pflegte, legte vor ſeinem Tode fünf Eier, von denen eins auskro< und zwar wider alles Erwarten in der Schublade, in der man die Eier aufbewahrt hatte.

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Otterſchildkröten mögen zwei Arten der Flußſchildkröten von uns genannt werden, die Wagler mit vollem Rechte in einer beſonderen Gattung (Uy dromedusa) vereinigt hat. Sie kennzeihnen der flah gewölbte, an den Seitenrändern rinnenartig aufgebogene, aus 14 Sheibenplatten zuſammengeſeßte Rü>en- und der ſehr flache, aus einem Stücke beſtehende Bauchpanzer, der flachgedrü>te, mit weiher Haut bekleidete Kopf, die ſhwachen Kiefer, der ſehr lange, warzige Hals, der länger iſt als die Rücenwirbelſäule, der furze Shwanz und die vorn und hinten vierkralligen Füße. Die als ſeltene Ausnahme erſcheinende Anzahl von 14 Rü>enſcheibenplatten rührt daher, daß die Na>enplatte hier niht, wie gewöhnlich, am Vorderrande zwiſchen den Randplatten, ſondern hinter dieſen auf der Scheibe vor der erſten Wirbelplatte liegt und gleichſam die Stelle einer ſe<ſten Platte dieſer Reihe vertritt. Die Shwanzplatte iſt doppelt, die den Vorderrand des Bauchpanzers einnehmende, faſt fünfe>ige Zwiſchenkehlplatte ſehr groß; Achſel- und Weichenplatten fehlen, Kinnbärtel ebenſo. Die beiden bekannten Arten leben in Südamerika, die eine mehr im Norden, die andere im Süden des Erdteiles.

Da der Zufall unſeren Zeichner begünſtigte, eine der beiden dieſer Gattung angehörigen Arten als lebende Vorlage benugen zu können, mag ſie, die Shlangenhals[childkröte (Hydromedusa tectifera, platanensis und wagleri), als Vertreterin der Gruppe gewählt werden, ſo wenig mir über ihr Freileben auch bekannt iſt. Alle Platten des breit eiförmigen, vorn abgerundeten Rü>kenpanzers zeigen bei dem jungen Tiere zahlreiche Wachstumsſtreifen, in deren Mitte man das kegelig oder hökerig vortretende Mittelfeld des Schildes meiſt jedo<h niht immer unterſcheiden kann, wogegen ſie bei alten Tieren vollkommen glatt erſcheinen. Die Färbung des Rückenpanzers iſt ein gleihmäßiges, tief dunkles Olivengrün, die des Bruſtpanzers ein ſ<hmußtiges Bräunlichgelb mit dunkelbraunen Fle>en, das auh auf der unteren Seite der Randplatten hervortritt, aber an der Verbindungsſtelle beider Schilde ins Braunſchwarze übergeht. Kopf, Hals, Füße und Schwanz haben bleigraue, eine an der ſcharf abgeſtußten oberen Schnauzenkante, zu beiden Seiten der Naſe beginnende, als {hmaler Strich bis zum Auge verlaufende, von hier an