Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Brückenehſe: Allgemeines. Vorkommen. Lebensweiſe. 625

die unteren Enden der falſchen Rippen vereinigen ſi< wiederum mit eignen Knochenleiſten,/ Bauchrippen, die in der Unterhautſchiht der Bauchde>en liegen und hinſichtlih ihrer Anzahl und Lage den in Querreihen angeordneten äußeren Bauchſchilden entſprechen, die Anzahl der Wirbel und falſchen Rippen aber um das Doppelte übertreffen, auh ſo feſt mit den Bauhſchilden zuſammenhängen, daß ſie nur mit Hilfe des Meſſers davon getrennt werden können; es entſpriht daher eine Querreihe von Bauchſchilden unſeres Tieres dem einzelnen Bauchſchilde einer Shlange und no< mehr den einzelnen Teilen des Bauchpanzers einer Schildkröte. Den Sthlangen ähnelt die Brü>kenechſe auh darin, daß ihr das Trommelfell und damit eine begrenzte Trommelhöhle fehlt und das große Säulchen die Gehörtnöchelchen vertritt. Schlüſſelbein und Gabelbein ſind vorhanden. Das Auge iſt groß und zeigt ſenkre<hten- Stern. Die Afterſpalte ſteht quer wie bei den Schuppenechſen. Männliche Geſchle<htswerkzeuge konnte A. Günther niht auffinden; die Brü>ene<ſe gleicht alſo in dieſer Beziehung den Lurhen. So fann man alſo ſagen, daß unſere Brükenechſe ein Kriechtier iſt, das im Großen und Ganzen die Form einer Eidechſe beſißt, in einigen ſehr wichtigen Bildungsmerkmalen jedo< auf der Stufe der Lurche ſtehen geblieben iſt und ebenſo andere Anpaſſungsmerkmale na< Art und Weiſe der Schildkröten und Schlangen ausgebildet hat.

Über Vorkommen und Lebensweiſe der Brückene<ſe haben wir bisher nur dürftige Berichte erhalten. Cook iſt der erſte, der ihrer Erwähnung thut. „Es ſoll in Neuſeeland Eidechſen von ungeheurer Größe geben; denn ſie ſollen 2,6 m lang und ebenſo di>leibig ſein wie ein Mann, zuweilen au< Menſchen angreifen und verzehren. Sie wohnen in Lö<ern unter der Erde, und man tötet ſie dadurch, daß man vor dem Eingange ihrer Höhle ein Feuer anzündet.“ Pola ſprit ebenfalls von dieſem Tiere. „Die rieſige Eidechſe oder Guana“, ſagt er, „lebt vorzugsweiſe auf der Inſel Victoria; einige wenige kommen auh auf den FJnſeln im Plentybuſen vor. Die Eingeborenen erzählen Menſchenfreſſergeſchichten von ihr; ſie iſ jedo< ohne Zweifel ein harmloſes Geſchöpf.“ Dieffenbach erfuhr ein wenig mehr. „Jh erhielt Nachricht von dem Vorhandenſein einer großen Eidechſe, welche die Eingeborenen ,Tuatera‘ oder „Narara‘ nennen und in hohem Grade fürchten; doh gelang es mir, obgleih ih alle ihr zugeſprochenen Aufenthaltsorte nach ihr abſuchte und eine bedeutende Belohnung auf ihren Fang ſette, erſt wenige Tage vor meiner Abreiſe von Neuſeeland, eine einzige zu erhalten. Sie war auf dem kleinen, in der Bucht von Plenty, ungefähr 2 Meilen von der Küſte gelegenen Felſeneilande Karewa gefangen worden. Aus allem, was ih erfuhr, ſ<heint hervorzugehen, daß die Brückenechſe vorzeiten auf allen Jnſeln häufig war, in Höhlen, oft auch auf ſandigen Hügeln an der Küſte lebte und von den Eingeborenen ihres Fleiſches halber verfolgt und getötet wurde. Jnfolge dieſer Nachſtellungen und zweifelsohne ebenſo infolge der Einführung von Schweinen iſt das Tier ſo ſelten geworden, daß viele ältere Bewohner des Landes es nicht geſehen haben.“

Die Brückenehſe, die Dieffenbach lebend gebracht wurde, gelangte ſpäter in das Britiſche Muſeum und gab Gray Gelegenheit der wiſſenſchaftlichen Welt die Art bekannt zu machen. Nah Dieffenbachs Zeit, Anfang der vierziger Jahre unſeres Jahrhunderts wurden noh einige andere Stüce tot oder lebendig nah England geſendet, immerhin aber ſo wenige, daß Günther ſhon im Jahre 1867 die Befürchtung ausſprechen konnte die Brückene<ſe werde wahrſcheinlih binnen kurzem zu den ausgeſtorbenen Tieren zu zählen ſein. Später wird von Bennett mitgeteilt, daß das Tier bis zum Fahre 1851 auf einzelnen Inſelchen des erwähnten Buſens, insbeſondere auf Nurima und Montoki, noh in namhafter Anzahl lebte. Eine Geſellſchaft von Offizieren fing hier binnen einer halben Stunde ungefähr 40 im Sonnenſchein ſich re>ende Brückenehſen von 8—50 cm Länge. Jm Fahre

Brehm, Tierleben. 3. Auflage. VIL 40