Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

658 Erſte Ordnung: Froſchlurche; zweite Familie: Ehte Fröſche.

ſi feſtzuhalten, ſtatt deſſen den Froſh in Händen hielt. Am merkwürdigſten iſt das Tier aber dadurch, daß es wie der Antillenfroſh ſeine Entwi>elung in dem bemerktenswert großen Eie vollendet, ihm alſo als kleiner vierbeiniger Froſ<h entſ<lüpft.

Bei der zweiten Familie der Starrbruſtfröſche, den Echten Fröſchen (Ranidae), iſt nur die obere Kinnlade mit Zähnen verſehen, und die Querfortſäße des Kreuzbeinwirbels ſind walzenförmig, am freien Ende nicht odex nur ſehr \<wach verbreitert. Der Bruſtgürte! zeigt ſih bei den einzelnen Gattungen wenig verſchieden, um ſo we<ſelnder aber iſt die Form des lezten Zehengliedes, das einfa<h zugeſpißt, dreie>ig, T- oder Y-förmig und ſelbſt klauenförmig, wie bei den Hylen, ſein kann. Die Wirbel ſind vorn ausgehöhlt, das Steißbein heftet ſi< mit zwei Gelenkföpfen an das Kreuzbein an, Rippen fehlen. Die 22 Gattungen, die man unterſchieden hat, zeigen bald ſenkre<ht, bald wagere<ht geſtellten Augenſtern, bald ſpite, bald mit Haſtſcheiben verſehene Fingerenden, bald an allen Gliedmaßen entwi>elte, bald vorn / bald vorn und hinten fehlende Shwimmhäute.

Die meiſten Mitglieder dieſer Familie beſtehen eine regelmäßige Verwandlung als Kaulquappen im Waſſer, do< gibt es Ausnahmen in der Art, daß die Larve einen Teil oder die ganze Entwickelung innerhalb des dann beſonders anſehnlihen Eies durhmacht. Zu dieſen Ausnahmen gehören die Arten Rana opisthodon und Rhacophorus reticulatus, von denen ſpäter die Rede ſein wird, und wahrſcheinlih au< Cornufer salomonis von den Salomon-Znſeln, deſſen Ei einen Durchmeſſer von 5 mm beſißt.

Die Echten Fröſche bewohnen in Menge die Gewäſſer gemäßigter und heißer Länder und dementſprechend alle Erdteile, mit Ausnahme Auſtraliens. Fhnen begegnet man, wo es fließendes oder ſtehendes Waſſer gibt; ihren Nachtgeſang vernimmt man, wo es ihnen mögli iſt, zu leben; denn ſo wie in unſerem Vaterlande der Waſſerfroſch, ſiedeln ſi< au< ſeine Verwandten in der Tiefe wie in der Höhe, an fließenden wie an ſtehenden Gewäſſern an, vorausgeſeßt, daß dieſe niht zu ſalzhaltig ſind. Aber niht wenige Arten der Familie gibt es, die ſih wie die Laubfröſche nur während der Paarungszeit im Waſſer aufhalten, ſih nach ihr aber auf feuchten Wieſen, in Feldern und Wäldern umhertreiben, vielleicht ziellos umherirrend, da ruhend, wo der Tag ſie überraſchte, und mit Beginn ‘der Dämmerung ihren Weg weiter fortſeßend. Viele Gattungen und Arten leben au< auf Bäumen wie die echten Laubfröſche, von welchen ſie ſich äußerli<h kaum unterſcheiden. Wunderbar tönt der Chor dieſer Fröſche in das Ohr des Fremden, der zum erſtenmal den Boden cies anderen Erdteiles betritt; denn zu den von der Heimat her bekannten Lauten geſellen ſi< fremdartige, in deren Urhebern man zwar ſofort Fröſche erkennt die aber doh dur< ihre Eigentümlichkeit in hohem Grade auffallen und Urſache wurden, daß die erſten Anſiedler ſowie auch die Forſcher die betreffenden Sänger mit bezeihnenden Namen belegt haben.

Überall iſt die Lebensweiſe der waſſerbewohnenden Fröſche mehr oder weniger dieſelbe: ein munteres, heiteres Frühlings- und Sommerleben, mit vielem Lärm und vielem Behagen, ein ihnen minder gefallendes Herbſttreiben und dann ein monatelanger Winter- oder Trockenſchlaf tief unten in dem Schlamme dex gefrierenden oder austro>nenden Gewäſſer, bis der warme Hauch des Frühlings die Eisſchollen ſprengt oder der erſte Regen die von der Sonne zerklüftete Shlammſchicht zuſammenfügt und Wärme oder Feuchtigkeit die tief verborgenen Schläfer wiederum zum Leben erwe>t. Denn ſo wie bei uns im Frühlinge die Erde neuen Shmut> anlegt, ſo ruft auc in den Gleicherländern der Beginn der Regenzeit die Vollkraft der Natur hervor. Wenn im Fnneren Afrikas die vernichtende Glut der