Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

660 Erſte Ordnung: Froſchlurche; zweite Familie: Echte Fröſche.

Tauſende von kleinen Fröſchen, die, wie man meinen möchte, mit Jubel die Zeit begrüßen, in welcher es ihnen zu leben vergönnt iſt, unmittelbar nah ihrem Erwachen zur Fortpflanzung ſchreiten, ſolange ihr Wohngewäſſer gefüllt iſt, ſih vergnügt umhertreiben, aber mit dem leßten Waſſertropfen wiederum verſhwinden. Livingſtone erzählt, er habe dur die Buſhmänner die Winterwohnung eines Froſches kennen lernen und ihn dann öfters unter Bäumen in Höhlen, deren Mündungen gleichzeitig von Spinnen bewohnt und teilweiſe zugewebt geweſen waren, gefunden. Der Reiſende ſpriht ſeine Verwunderung aus, daß ein Froſh in den tro>enſten Teilen des Landes leben könne, verſichert, anfängli<, wenn er den lauten Nuf des Tieres in der Stille der Nacht vernahm, ſtets gehofft zu haben, Waſſer zu finden, oft jedo<h getäuſcht worden zu ſein, und glaubt deshalb annehmen zu dürfen, das Tier verbringe auh einen Teil der tro>enen Jahreszeit wachend. Lettere Anſicht iſt wohl nur bedingungsweiſe richtig, da wir annehmen dürfen, daß auc im ſüdlihen Äfrifa die Dürre den Winter über das Land bringt und ein ſih regender Froſchlux< nur dur vorher gefallenen Regen ermuntert und gewiſſermaßen ins Leben zurü>gerufen worden iſt. Übrigens ſtimmt Livingſtone mit meinen Beobachtungen überein, wenn er ſagt, daß auch leine, bald wieder verſiegende Pfüßen zuweilen dur< Tauſende von ihnen belebt ſeien. Ähnlich verhält es ſi in allen Ländern, in welchen ſi die Jahreszeiten ſharf voneinander trennen, während da, wo jahraus jahrein unter mildem Himmel annähernd dieſelbe Witterung herrſcht, das muntere Volk faſt ohne Unterbrehung ſeinen Geſchäften obliegt, ohne Unterbrehung faſt ſeine Singſtü>ke zum beſten gibt und, je nah der Art verſchieden, beinahe in allen Monaten des Fahres ſih fortpflanzt. Jn dem waſſerreihen Südamerika hört man den Chor der Fröſche allabendlih, nah jedem Regen gewiß; in den feuhten Niederungen Fndiens und Weſtafrikas gewahrt oder vernimmt man unſere Tiere während des ganzen Fahres.

Bei uns zu Lande können die Fröſche höchſtens dur die Beharrlichkeit ihrer tonkünſtleriſchen Aufführungen läſtig werden; in anderen Erdteilen ſtören ſie wegen der zum Teile laut ſchallenden Töne, die ſie von ſi< geben. Und während die bei uns lebenden Arten mit vollſtem Rechte als nübßliche Tiere gelten dürfen, die nur ausnahmsweiſe unbedeutenden Schaden verurſachen, vergreifen ſich die rieſigen Mitglieder der Familie, die in Amerika und Jndien leben, niht allzu ſelten an dem Eigentum des Menſchen, indem ſie ihre Räubereien ſelbſt auf junge Enten und Gänſe ausdehnen. Demungeachtet haben ſie ſih eigentli nirgends Feinde erworben, werden auh von keinem Volke der Erde mit Widerwillen betrachtet, wie die ihnen verwandten Kröten, weil ihr Weſen und Treiben den meiſten Menſchen wohl behagt, wie ſolches beiſpiel3weiſe in den nahſtehenden, nah Tſchudi wieder aufgefriſhten Worten Rollenhagens ſi< fundgibt:

„Mit waſſertreten, vnterſinken,

Mit offnem maul doh nicht vertrinken, Ein mü in einem ſprung erwiſchen, Künſtlih ein rothes würmlein fiſchen, Auf gradem fuß aufrichtig ſtehen

Und alſo einen kampff angehen,

Einander mit tanzen und ſpringen Im großen vortheil überwinzen 2c.“

Kurz, der Menſch befreundet ſich gern mit ihnen, auch da, wo er ſie nicht als jagdgerechtes Wild anſieht und ſie verfolgt und befehdet, um ihr wohlſhmed>endes Fleiſch zu erlangen.

Nückſichtlih der Fortpflanzung kommen die Fröſche im weſentlihen mit den Hylen überein, nur mit dem Unterſchiede, daß ſie ſi zum Laichen regelmäßig wirkliche Gewäſſer ausſuchen, ſi alſo nie mit ſo unbedeutenden Anſammlungen des ihren Nachkommen nötigen