Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

664 Erſte Ordnung: Froſchlurche; zweite Familie: E<hte Fröſche.

„Die Kinder der Teiche beginnen ihr Leben,

Sehn ſie den ſtrahlenden Mond ſi erxheben;“ — und wer wohl könnte ihnen deshalb gram ſein?! Ofen freilih ſagt, daß man ſich bei einem Narrenhauſe zu befinden glaube, wenn man in die Nähe eines von Fröſchen belebten Teiches gerate; i< aber meine, daß ihre Stimme, ihr Geſang ebenſogut zur Frühlingsna<ht gehört wie das Lied der Nachtigall. Unbegrenzte Fröhlichkeit ſpricht ſich in den einfachen Klängen aus, ja, wirkliche Einhelligkeit ſo rauh die einzelnen au< zu ſein ſcheinen. „Brekeke“ läßt ſih einer, der Vorſänger der ganzen Geſellſchaft, vernehmen, und alle anderen hören ſ{<weigend zu, do< nur, um im nächſten Augenbli>e mit derſelben Strophe oder dem dumpfen „Quarr“ einzufallen und in altgewohnter Weiſe weiter zu quaken. Mit der Kühle der Dämmerung beginnt das allgemeine Gequake; beharrlicher als jedes andere Lied der Naht währt es fort, und erſt gegen Morgen hin wird es ſtiller in dén Teichen, obſchon immer noch einer oder der andere, gleichſam in ſeliger Erinnerung der vorher bekundeten Meiſterſhaſt, no< ein halb unterdrü>tes „Quarr“ zum beſten geben muß.

JO will niht in Abrede ſtellen, daß es ſ<hwa<hnervigen Leuten, die in der Nähe eines froſhbevölkerten Teiches wohnen, ſ<ließli< unangenehm werden fann, in jeder lauwarmen Sommernacht immer und immer nur das eine Muſikſtü> zu hören; aber ih vermag es niht, ſolhen Unwillen zu teilen, weil ih zu denen gehöre, die heiter geſtimmt werden, wenn ſie die begeiſterten Sänger vernehmen, und meine, daß wenigſtens jeder welcher ſeine Jugendzeit auf dem Lande verlebt hat, mir beiſtimmen muß.

Unſer Waſſerfroſh (Rana esculenta, viridis, fluviatilis und calcarata, Pelophylax esculentus) iſt der eigentlihe Vertreter der Waſſerfröſhe. Seine 10—11 cm meſſenden Hinterbeine abgerechnet, erreicht der deutſche Waſſerfroſh eine Länge von 6 bis 8 cm, bei beſonders reihliher Nahrung im Larven- wie im verwandelten Zuſtande auh wohl etwas darüber. Auf dem anſprechend grünen Grunde der Oberſeite ſtehen ſ{<warze Fle>en und verlaufen drei gelbe Längsſtreifen, einer über das Rü>grat, einer an jeder Seite des Leibes; je zwei ſhwarze Streifen zeichnen die Kopfſeiten; die Unterſeite ſieht weiß oder gelbli<h aus; die Hinterba>en ſind ſ{<hwarz und gelb marmoriert. Nach der Laichzeit erſcheint die Färbung am friſcheſten, ſpäter bald bläſſer, bald dunkler, mehr oder weniger ins Braune oder Graue ſpielend; au< herrſ<ht bald dieſe, bald jene Zeichnung vox, da die Längsſtreifen mehr oder weniger lebhaft ausgeprägt ſein können. Die großen Augen haben einen lebhaft gelben Ring und ſehen klug und munter ins Weite. Die größere Spielart, der Seeſroſh (var. ridibunda, cachinnans und fortis), dagegen hat bei 10—11 ecm Körperlänge 14—16 em lange Hinterbeine, und ſeine Hinterba>en ſind olivenfarbig oder grünlichweiß, dunkel olivenfarbig marmoriert. Außer dem kleinen, ſ<hwach vorragenden Mittelfußhö>ker iſt auh noh die größere Länge des Unterſchenkels ein wichtiges Merkmal der Abart.

Nicht bloß unſer Europa iſt die Heimat des Waſſerfroſhes, ſondern au< Nordweſtafrika und ein guter Teil Weſtaſiens. Er tritt hier in mindeſtens drei mehr oder weniger dur Übergänge verbundenen Abarten auf, deren genauere Beſchreibung uns zu weit führen würde. Fn China und Japan lebt eine ſhärfer geſchiedene Spielart (yar. nigromaculata), die fih dur ſehr großen, ſhaufelförmigen Mittelfußhöcker, hmale, unterbrochene Hautfalten längs des Rückens und überaus reiche und glänzende Färbung beſonders auszeihnet, während in Deutſchland neben Übergangsformen zu der italieniſchen Abart (yar. less80nae) mit brauner Nü>enfärbung nur der echte eigentlihe Waſſerfroſ{h und der Seefroſch. vorkommen. Während erſterer überall in Deutſchland lebt, wo es an Waſſer niht mangelt, hat man den Seefroſh bis jeßt nur in der Tiefebene und în den

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