Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

698 Erſte Ordnung: Froſchlurche; ſe<hſte Familie: Kröten.

Laufes fehlt; die Gelenkhöfer auf der Unterſeite der Zehen, und namentlih der vierten Zehe, ſtehen immer paarweiſe.

Mit Ausnahme der nördlichſten Länder und Jrlands ſowie Sardiniens und Corſicas fehlt die Kröte keinem Teile Europas, lebt auh in Nordweſtafrika und verbreitet ſi<h über ganz Kleinaſien, die Kaukaſusländer, Mittelaſien und Fapan. Jn den Alpen ſteigt ſie bis 1700 m aufwärts. Jhre Wohnſiße ſind ſo verſchieden, daß man ſie als ein in Deutſchland allgemein verbreitetes Tier bezeihnen muß. Sie findet ſi< in Wäldern, Gebüſchen und He>>ken, auf Feldern, Wieſen und in Gärten, in Kellern, Höhlen, Grotten, altem Mauerwerke, in Steinhaufen, unter Baumſtämmen, einzelnen flahen Steinen, kurz überall, wo ſi ihr ein Schlupfwinkel bietet oder wo ſie ſi einen ſolchen herſtellen kann; ſie gräbt ſelbſt, wo es ihr an Verſte>pläßen mangelt, in leihtem Boden Höhlen ins Erdreich, worin ſie dann ebenſo regelmäßig verkehrt wie der Fuchs in ſeinem Baue. Wo irgend möglich, erwählt ſie feuchte, ſchattige Orte, liegt deshalb auh ſehr häufig unter Pflanzen, deren breite Blätter den Boden nicht bloß überſchatten, ſondern förmlich bede>en. Beſondere Vorliebe ſoll ſie für ſtark riechende Kräuter, ſo beiſpiel8weiſe für Salbei und für Schierling, zeigen.

Als echtes Nachttier hält ſie ſi< während des Tages ſtets verborgen, es ſei denn, daß warmer Regen das Erdreich angefeuchtet habe und das Gewölk noch die ihr läſtige Sonne verhülle. Unter ſolhen Umſtänden verſucht ſie wohl au<h ausnahm3weiſe bei Tage ihrer Jagd obzuliegen, während ſie dieſe ſonſt erſt na<h Sonnenuntergang beginnt. Unbehilflih in ihren Bewegungen, kaum geſchi>t, weitere Sprünge auszuführen, täppiſ< und ſ{werfällig, wie ſie iſt, vermeidet ſie Streifzüge, ſucht dafür aber das von ihr beherrſchte fleine Gebiet um ſo ſorgſamer ab und wird deshalb, und weil ihre Gefräßigkeit einen bedeutenden Nahrungsverbrauch bedingt, der Örtlichkeit, worauf ſie ſi< angeſiedelt hat, zum wahren Segen. Eine Folge ihrer Ungeſchi>lichkeit iſt, daß ſie oft in Keller, Brunnen, Schächte und Grotten hinabſtürzt, woraus es für ſie kein Entrinnen mehr gibt, und wo ſie ſih mit der geringen Beute begnügen muß, die ebenſo, wie ſie, zufällig in die Tiefe fällt. Troßdem gelingt es ihr auh hier, oft merkwürdig lange Zeit niht bloß ihr Leben zu friſten, ſondern ſih förmlih zu mäſten. So fand Erber in Dalmatien bei ſeinen Beſuchen von Grotten in einer Tiefe von 90 Klaftern und mehr ſehr große und zwar ſtets wohlgenährte Erdkröten, was, wie er ſagt, mit der ungeheuern Gefräßigkeit, die dieſe Tiere in der Gefangenſchaft entwi>eln, durhaus nicht übereinſtimmen will, da ja doh in den wenigſten Grotten Kerbtiere regelmäßig vorkommen. Fhre Beute beſteht, nah Fothergill, in kleinen Würmern, Weſpen, Bienen, Spinnen, Käfern, überhaupt in allen Arten von Kerbtieren, mit Ausnahme der Schmetterlinge, die ſie deshalb niht gern nimmt, weil der Flügelſtaub an ihrer ſchleimigen Zunge feſtklebt und ihr das S<hlu>en erſchwert. Ungeachtet ihrer Gefräßigkeit, die man einen fortwährenden Heißhunger nennen möchte, verſhmäht ſie hartnä>kig, tote Tiere zu genießen. Man wollte verſuchen, ob nicht der Hunger ſie zwingen werde, von ſolchem Eigenſinne abzulaſſen, und verſchloß eine kräftige Kröte in einem Blumentopfe, worein man eine ziemlihe Anzahl friſch getöteter Bienen gelegt hatte; nah 6 oder 7 Tagen waren jedo< noh alle Vienen vorhanden, während anderſeits lebende Kerbtiere dieſer Art ſofort ergriffen und ohne jeglihen Schaden verſpeiſt werden.

Die Art und Weiſe, wie die Kröte ihren Raub erwirbt, kann man leiht beobachten, da ſie auh bei Tage keine Beute an ſih vorübergehen läßt, vielmehr nah allem, was in ihren Bereich kommt, gierig haſcht, ihr le>er erſcheinende Kerbtiere ſogar auf kleine Entfernungen hin verfolgt. Fhre weit vorſtehenden und höchſt beweglichen Augen nehmen da, wo das ſie blendende, grelle Sonnenlicht dux< Pflanzen gedämpft wird, jedes Tierchen wahr, es mag erſcheinen, von woher es will, und die Zunge wird mit einer