Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

700 Erſte Ordnung: Froſchlurche; ſe<ſte Familie: Kröten.

wirſt mit ihr das Opfer in den weit geöffneten Rachen, faſt gleichzeitig es verſhlu>end und in dem Magen bergend. Ft ein Biſſen zu groß oder zu lang, hat ſie z. B. einen Negenwurm gepa>t, und ragt er no<h aus dem Maule heraus, ſo hilft, wie Sterki beobachtete, „ein raſh und ſicher geführter, wiſchender Shlag eines Vorderfußes nah“. Sofort iſt der Biſſen verſchlu>t, und unmittelbar darauf ſizt die Kröte wiederum in ihrer lauernden Stellung unbeweglich da, und von neuem ſpäht ſie in die Runde. Wenn ſie, wie niht ganz ſelten geſchieht, eine Beute fehlt oder ſie dur einen Schlag mit der Zunge nur betäubt, niht aber anleimt, ſteht ſie gewöhnlih von aller weiteren Verfolgung ab, nimmt aber die Jagd augenbli>li< wieder auf, wenn das Kerbtier ſih zu regen anfängt. Doch kaun es auch geſchehen, daß ſie erſt raſh nacheinander 2—3mal die Zunge vorſchnellt in der Hoffnung, das zu ermöglichen, was das erſte Mal mißlang.

Die Erdkrôte verzehrt eine unglaubliche Menge von Ungeziefer aller Art. Neben dem genannten Kleingetier ſcheinen Na>tſchne>en beliebt zu ſein; außerdem ſoll ſie ſich an kleinen Lurchen vergreifen, obgleich ſie ſonſt mit ihresgleihen im Frieden lebt, ſich auch durc keinerlei Erregung zu Streit mit anderen ihrer Art aufſtacheln läßt. Einen Beleg dafür gibt folgende Erzählung: Um eine Kröte, deren ſtändigen Aufenthalt man kannte, bei ihrem Kerbtierfange zu beobachten, beſtri<h man ein Blatt mit etwas Honig und legte dieſes vor den Schlupfwinkel. Der Honig zog bald eine Menge Fliegen und Weſpen herbei, die von der Bewohnerin der Höhle weggeſhnappt wurden. Als einſt eine andere Kröte ſih an dieſer ſtets reih beſtellten Tafel einfand, warf man viele Kerbtiere zwiſchen beide, ſo daß ihre Aufmerkſamkeit wechſelſeitig- erregt wurde. Dabei geſchah es, daß zuweilen beide nah demjelben Kerfe haſchten; niemals aber zeigte die, die leer ausging, den geringſten Unwillen oder gar ein Gelüſt nah Rache. Niemals überhaupt ſah man zwei Kröten miteinander ſtreiten. Dieſe Gutmütigkeit die man vielleicht als Geiſtloſigkeit bezeichnen darf, iſt vielen, aber do< niht allen Kröten gemeinſam: der Magen beſtimmt ihr Gebaren. Sie verſuchen, ein ſih ihnen nahendes Tier zu verſhlingen, wenn ſie dies vermögen, laſſen es aber unbehelligt, wenn es ruhig daſißzt, weil ſie es unter folhen Umſtänden wahrſcheinlich kaum bemerken. Doch foll damit durchaus niht geſagt ſein, daß ihnen jede geiſtige Thätigkeit mangele. Sie unterſcheiden zwiſchen den verſchiedenen Geſchöpfen, mit welchen ſie zu verkehren haben, und paſſen ihre Gewoh1nheiten den Verhältniſſen an. Mehr noch als andere Lurche fliehen ſie jedes größere Tier und wagen im Bewußtſein ihrer Schwäche niht, einem ſtarken Feinde Widerſtand zu leiſten; aber auch ſie erkennen ihnen erwieſene Wohlthaten dankbar an und legen gegenüber dem, der ſie freundlich behandelt, nah und nach die ihnen ſonſt eigne Scheu faſt gänzlih ab. Bell hatte einé Kröte ſo weit gezähmt, daß ſie ruhig auf der einen Hand ſigen blieb und die ihr mit der anderen vorgehaltene Fliege aus den Fingern nahm; andere Freunde dieſer ſo verachteten Tiere brachten ihre Gefangenen dahin, daß ſie ſh auf einen ihnen geltenden Ruf oder Pfiff regelmäßig einſtellten, um das ihnen zugedahte Futter in Empfang zu nehmen. Fr. Leydig, der die Erdkröte oft längere Zeit lebend hielt, nennt ſie geſcheiter und verſtändiger als den Waſſerfroſh, und wir müſſen ihm darin beiſtimmen. „Der Waſſerfro\ſ{h“, ſagt er, „behält in Gefangenſchaft ſein ungeſtümes Weſen ei, und ſeine Handlungen zeigen von wenig Überlegung: ex nimmt alles, was ſich vor ſeinen Augen bewegt, ſür lebende Nahrung und ſchnappt danah, nah einer Frucht ſo gut wie nach einem Kerbtiere. Es geht ihm auh lange oder überhaupt gar nit ein, daß er ſich dur< Sprünge gegen den Deel des Behälters nicht befreien kann. Wie anders iſt das Benehmen der Erdkröte! Sie weiß ſih ſchnell in die Umſtände zu ſchi>en und wird bei guter Pflege recht bald zutraulih. Bei Vorlegung eines Kerbtieres oder Regenwurmes macht ſofort das bis dahin regungs[os daſißende Tier aufmerkſame und doch dabei ruhige

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