Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

706 Erſte Ordnung: Froſchlurche; ſechſte Familie: Kröten.

hängend, und werfen ihre äußeren Kiemen noch \ſ{<hneller ab als die der Wechſelkröte. Obgleich die Kreuzkröte unter den heimiſchen Luxchen als einer der leßten laicht, ſo erreichen ihre Larven doch zuerſt ihre vollendete Ausbildung; es bringt daher dieſe Art wahrſcheinlich unter allen die kürzeſte Zeit im unentwi>elten Zuſtande zu.

„„Die jungen Kröten“, fährt Leydig fort, „die eben das Waſſer verlaſſen haben, ſind nux 1 cm lang und nicht bloß äußerſt beweglih, ſondern wiſſen auh raſch in die Höhe zu klimmen, wobei ſie nah Art der Laubfröſche den Bauch ſtark andrü>en. ZJhre Behendigkeit und ihr eiliges Weſen iſt ſo groß und der Körperumfang ſo gering, daß man am feuchten Ufer eines Teiches nah ihnen greift, in der Meinung, einen Laufkäfer, etwa Elaphrus uliginosus, zu haſchen.

„Dbgleich man hin und wieder auch bei Tage einer Kreuzkröte anſihtig wird, ſo ſind die erwachſenen Kreuzkröten im Ganzen doh ausgeſprochene Nachttiere, und wie bei den anderen Arten iſt alsdann der Augenſtern an den äußerſt vorgequollenen Augen ſehr weit geöffnet. Die einjährigen Tiere ſind aber auh bei Tage lebendig, und ih ſammelte ſie gar niht ſelten im Sonnenſchein etwa am Saume eines Kleefeldes, wo ſie wahrſcheinli<h mit Kerbtierjagd beſchäftigt waren, oder auf dem ſonnig dur<wärmten Sande des Mains.“

Ähnliches hat neuerdings auch C. Verhoeff beobachtet. Er fand auf den deutſchen Nordſeeinſeln dieſe Art bei Tage im grellſten Sonnenſchein an den Dünenabhängen ihrer Jagd auf Ameiſen, Käfer und Spinnen nachgehen.

Was die Stimme der Kreuzkröte betrifft, ſo hat bereits Bruch rihtig bemerkt, daß nach dem Laubfroſche das Männchen der Kreuzkröte unter den heimiſchen Lurchen die lauteſte Stimme beſizt. „Jh habe mich öfters im April am Rande eines mit dieſen Tieren gefüllten Gewäſſers gegen Abend aufgeſtellt und den Chorgeſang erwartet. Einige Minuten nah Sonnenuntergang, bei lauer, windſtiller Luft, ertönte plöglih wie auf Kommando das ſtarke Geſchrei dieſer Tiere und hielt etwa 5 Minuten ſcharf und ununterbrochen an, um dann ebenſo plößlih aufzuhören. Nach einiger Zeit erſchallte wieder plößlih der Chorgeſang, der jeßt ununterbrochen fortdauerte, ſolange ih am Teiche aushielt. An anderen Tagen, beſonders wenn Regenluft im Anzuge war, ſeßte die Geſellſchaft niht ſo pünktlih ein, ſo daß kein rihtiges Zuſammenwirken zu ſtande kommen wollte, ſondern es plärrte ein jedes ſein Lied ab, wie es ihm gefiel. Die Weibchen geben dabei nur ein zartes Me>kern zu hören. Gefangen gehalten läßt das Weibchen in der Stille des Zimmers ein eigentümliches zartes Klagen vernehmen, das einigermaßen an die Stimme der Gelbbauchigen Feuerkröte erinnert. Die Scharen der im April ſchreienden ſogenannten „Fröſche“ ſind weder Fröſche, noh Laubhfröſche, ſondern eben unſere Kreuzkröten.“

Zu gunſten der Anſicht, daß die Kreuzkröte die geiſtig höchſtſtehende Form unſerer Kröten ſei, führt Leydig an, daß ſie in der Gefangenſchaft ganz beſonders und bald ein Verſtändnis für die Verhältniſſe, in die ſie geraten iſt, zu erkennen gebe. „Alte Tiere zwar erwieſen ſi<h wohl in der erſten Zeit ſehr ungebärdig, und namentli<h war mir auffallend, daß ein ungewöhnlich großes Stü, im dunkeln Raume gehalten, beim ſachten Öffnen des Dekels ſi< niht nur raſh und unwillig ab- und zur Seite wandte, ſondern unter ſtarkem Aufblähen des Leibes dieſe Bewegung auh mit einem beinahe menſchenähnlihen Brummen des Unwillens begleitete. Schon am zweiten Tage that die Kröte dies niht mehr und wurde nah und nach bei guter Behandlung recht zutraulih. Die einjährigen gewöhnen ſih, wie alle jungen Tiere, no< raſcher ein.“

Jm 4. oder 5. Jahre dürfte die Kreuzkröte fortpflanzungsfähig ſein, nimmt aber von dieſer Zeit ab noch ſtetig an Größe zu und erreicht höchſt wahrſcheinlich ein ſehr hohes Alter.

Hinſichtlih des Nugzens den ſie leiſtet, kommt ſie den Verwandten gleich, verdient alſo wie dieſe jede Schonung.