Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

794 Zweite Drdnung: Schwanzlurche; vierte Familie: Armmol<e.

prächtigen roten Kiemenbüſchel ausgebreitet; bei der geringſten Störung aber verloren dieſe ihre leuhtende Färbung und wurden dicht an die Halsſeiten angelegt. Gelegentlich ſtieg einer oder der andere der Molche zur Oberfläche des Waſſers empor, öffnete ſeinen Mund, nahm Luſt ein, tauchte wieder unter und ſtieß ſpäter die zur Atmung unbrauchbar gewordene Luft unter ſ{<wachem Geräuſche von ſi<h. Nachdem die Tiere einige Monate lang anſcheinend in guter Geſundheit ausgehalten hatten, verloren ſie ihre Munterkeit, waren niht mehr fähig, ihre Gleichgewichtslage im Waſſer zu bewahren und ſtarben bald darauf. Auch S. Kneeland hat den Furchenmolh in der Gefangenſchaft gehalten. Die Tiere waren wenig empfindlih gegen Froſt, da ſie teilweiſe einfroren und dur< Auftauen wieder ins Leben zurü>gerufen werden konnten, und erwieſen ſi< als nähtlihe Räuber, die auf Würmer und Fiſche Jagd machten, während ſie bei Tage das Licht mieden. Zhre Kiemen, deren Anhänge ſih abwechſelnd unter dem geſteigerten oder verminderten Blutdrucke ausdehnten oder zuſammenzogen, ſäuberten ſie dur<h Kämmen mit den Fingern. Über ihre Fortpflanzung weiß man noch nichts.

Eine vierte Familie, die der Armmolche (Sirenidae), enthält die am tiefſten ſtehenden Schwanzlurche, die wir kennen. Wie bei der vorigen Familie bleiben äußere Kiemen durc das ganze Leben beſtehen, und es fehlen auch hier die Oberkieferknochen und die Augenlider, aber dem Zwiſchenkiefer ſowohl als ‘dem Unterkiefer fehlen Zähne: der Mund iſt, abgeſehen von den Pflugſcharzähnen, zahnlos, und die Kiefer ſind dur< Hornſcheiden erſeßt. Man kennt zwei auf Nordamerika beſchränkte Gattungen, die ſi durch die Zahl der Kiemenlöcher und der Finger der allein entwi>elten vorderen Gliedmaßen voneinander unterſcheiden, jede mit nur einer Art.

Nach E. D. Cope ſind die Armmolche nicht bloß ein verkümmerter Lurchſtamm in Bezug auf Schädelbau, Schulter- und Be>engürtel und Gliedmaßen, ſondern ſie beſißen auch eine rüd>ſhreitende Verwandlung in der Entwickelung ihrer Kiemen. Er fand einen Zeitraum, in welchem die Kiemen beim jugendlichen Armmolche außer Thätigkeit geſeßt waren, und ſie zeigten ſih um ſo mehr zurückgebildet, je jünger ſih die unterſuhten Stücke erwieſen, und um ſo mehr entwi>elt, je älter die Molche waren. Cope ſchließt aus diefen Beobachtungen, daß die Armmolche ſih aus ſalamanderähnlichen Landtieren entwielt haben, die erſt neuerdings wieder ein ausſ<ließli<hes Waſſerleben angenommen hätten.

ES

Der Armmol<h (Siren lacertina, intermedia und Phanerobranchus dipus), Vertreter der gleihnamigen Gattung (Siren), iſt ein Tier, deſſen Leibesbau an den des Aalmolches erinnert, ſih jedo< dadur< unterſcheidet, daß nur die beiden Vorderbeine vorhanden ſind. Der Leib iſt eine lange Walze, die ſi<h na< hinten zuſpißt und ſeitlich abplattet und an welcher vorn vierzehige Füße ſißen; von den Hinterbeinen bemerkt man ſelbſt im Gerippe keine Spur. Die Naſenlöcher ſtehen nahe am Nande der Oberlippe, die kleinen, runden Augen ſchimmern unter der Haut, die ſie bede>t, hervor. Die Kiemenlöcher ſind drei in ſchiefer Richtung am Halſe liegende Quereinſchnitte, in deren oberen Winkeln ſich die vielfah gefranſten äußeren Kiemen anſeßen. Auf den Pflugſcharbeinen ſtehen zwei große Gruppen von Zähnen, die ſi<h nah vorn im Winkel gegeneinander neigen. Die 101—108 Rücenwirbel ähneln in ihrem Baue denen des Olmes; etwa 8 von ihnen, vom zweiten angefangen, tragen kleine Rippenanhänge. Die Färbung iſt ſhwärzlih, auf der Ober- wie auf der Unterſeite gleih oder unten etwas heller; mitunter zeigen ſih kleine