Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

Achte Ordnung. Die Kuorpelfloſſer (Chondropterygi).

Zu den rieſigen Kriechtieren, die in früheren Schöpfungstagen die ſüßen Gewäſſer und das Meer bevölkert haben, geſellten ſi gewaltige Fiſche, wovon wenige bis auf unſere Tage herübergekommen ſind. Aus zahlreichen Überreſten, namentlihh verſteinerten Zähnen, die man ſehr häufig findet, läßt ſih ſchließen, daß dieſe Fiſche in großer Mannigfaltigkeit auftraten, und ebenſo glaubt man annehmen zu dürfen, daß viele ihre gegenwärtig noch lebenden Verwandten an Größe bedeutend überragten, ja hierin den Walen faſt oder wirklich gleihkamen. Hinſichtlih ihrer Geſtalt und äußerlichen wie innerlichen Ausbildung ſcheinen ſie fih von den übriggebliebenen Arten niht weſentlih unterſchieden, alſo mehr oder weniger alle Merkmale unſerer gegenwärtigen Knorpelfloſſer an ſich getragen zu haben.

„Der Schädel dieſer Tiere“, beſchreibt Karl Vogt, „beſteht nur aus einem einzigen Knorpelſtü>e, einer ganzen, ungeteilten Kapſel, die das Gehirn umhüllt, das Gehörorgan einſchließt und ſeitli<h und vorn becherartige Vertiefungen zeigt, worin die Augen und die meiſt ſehr zuſammengeſeßten Naſenſäke ſißen. Die Unterfläche dieſer knorpeligen Schädelfapſel bildet zugleich unmittelbar das Gaumengewölbe über der Mundhöhle, und das vordere Ende derſelben Fläche den Oberkiefer bei einer Familie der Reihe, indem an ihm die Zähne feſtſiben, während bei den übrigen ein durchaus beweglicher Oberkiefer au8gebildet iſt, woran ſich nah hinten Stü>ke anſchließen, die den erſten Anfang des Gaumengewölbes darſtellen. Stets finden ſih ein beweglich eingelenkter, mit Zähnen beſeßter Unterkiefer, der aus einem einzigen Knochenbogen beſteht, ſowie in den meiſten Fällen noc beſondere Lippenknorpel, die aber niemals einen bedeutenden Grad der Entwi>elung erreichen. Der Schädel ſelbſt iſt nur von Haut überzogen; ſeine äußeren Gruben und Vertiefungen aber ſind oft ſo mit fett: und gallertartiger Sulze angefüllt, daß die Kopfform des lebenden Tieres meiſt ſehr bedeutend von der allgemeinen Geſtaltung des Schädels abweicht. Die Verſhmelzung ſämtlicher harten Teile des Kopfes in eine einzige knorpelige Kapſel, das gänzliche Fehlen jeder Spur von Knochengebilden, die ſonſt als Hautknochende>platten an dem Schädel der übrigen Fiſche ſi< ausbilden, kennzeichnen die Knorpelfiſche vorzugsweiſe. Hinſichtlih der Ausbildung der Wirbelſäule herrſcht eine große Verſchiedenheit. Bei den einen findet ſih no< eine ungeteilte Wirbelſaite, deren Scheide ſih nah oben in ein Rohr fortſeßt, welches das Nücenmark umhüllt; bei anderen zeigt dieſe Wirbelſaite im Juneren Zwiſchenwände, die den Wirbeln entſprechen; bei den übrigen ſind vollſtändig ſheibenförmige Wirbelkörper vorhanden, die von beiden Seiten her beherförmig ausgehöhlt und meiſt nur unvollſtändig, nebartig verknöchert ſind. Die Bruſtfloſſen hängen immer mit einem ſtark knorpeligen Schultergürtel zuſammen, der entweder an der Hinterhauptgegend der Schädelkapſel oder