Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4
20 Ein Bli> auf das Leben der Geſamtheit.
jener Ertrag entſchieden noh einer bedeutenden Steigerung fähig iſt.“ Es iſt aber anderſeits auh anzunehmen, daß ſozuſagen von Standfiſchen bewohnte Meeresteile ebenſo ausgefiſcht, wie wildreihe Gegenden ausgeſhoſſen werden können.
Der Menſch ſtellt den Fiſchen in der mannigfaltigſten Weiſe nah: mit Hand- und Seßgangeln, mit Stell: Schlepp-, Wurf- und Handneten, mit Garnen, Reuſen und anderen oft ſehr kunſtvoll hergerichteten Fallen, mit Speeren, beſonders bei Fa>elliht, und Stangenhaken, mit Pfeil und Bogen, Flinte und Büchſe. Davon wird ſpäter in den einzelnen Abſchnitten die Rede ſein. Es werden aber auh no< andere Mittel, wobei Fiſche aller Größen der Vernichtung anheimfallen, angewendet, die freilih in Staaten mit geregeltem Fiſchereibetriebe verboten ſind, ſo z. B. Sprengſtoffe, die unter Waſſer entzündet werden, und gewiſſe Pflanzengiſte, Betäubungsmittel, die namentlih von den ſogenannten Wilden vielfah mit erſtaunlihem Erfolge gebraucht werden. Troß des Verbotes und der Gefahr, ſih ſelbſt nahträgli< mit zu vergiften, wird auch bei uns noch hier und da gelegentlich „gekotkelt“, d. h. der Same (Koktelskörner) des indiſchen Schlingſtrauches A namixta cocculus gewöhnlich in kleine, ſtehende Gewäſſer geſtreut, wodurch die Fiſche ſhnell betäubt werden und den Unberechtigten leiht zur Beute fallen. Die Fangweiſe iſt zugleich mit den Kokkelskörnern aus Fndien zu uns gekommen.
Einen großen Fiſchfang auf der Südſee-Jnſel Rarotonga, wobei ein anderes Betäubungsmittel angewendet wurde, beſchreibt W. Wyatt Gill folgendermaßen: „Eines Tages durhzog eine Shar Trommler unſeren Ort und verkündigten im Namen des Häuptlings: „Morgen hat jedermann Fiſchgift zu ſammeln und klar zu machen; übermorgen ſoll dann ein großer Fiſchzug bei Nikao ſtattfinden!“ Lebteres iſt ein beliebter Fiſhgrund 2 Meilen von hier. Dort ſind 60 A>er Waſſerfläche innerhalb des Außenriffes durch große Korallenblö>e förmlich abgeſchloſſen, ſo daß zur Ebbezeit die Fiſche ſih wie in einer Falle befinden; beſonders finden ſi hier ſhöne graue Seebarben. Um nun ja zur rechten Zeit am Orte zu ſein, brechen manche Familien aus den entfernteren Dörfern ſhon am Abende zuvor auf Und nächtigen auf dem weißen Sandufer, geſhüßt von den bis ans Waſſer heranwachſenden Eiſenholzbäumen. Federmann führt ein Körbchen mit Fiſhgiſt bei ſi, das aus der zerriebenen Nuß der Barringtonia speciosa beſteht. Jm Morgengrauen ſchreitet der Vertreter des Häuptlings ins Waſſer, indem er der Bevölkerung fröhlich zuruft, ihm zu folgen und das Gift auszuſtreuen. Alle ſind mit dem Dreiza>e oder mit einem aus Bandeiſen hergeſtellten Schwerte bewaffnet. Die kleineren Fiſche ſterben bald ab und treiben auf der Oberfläche, wo ſie von den Frauen und Kindern in Körbe geſammelt werden; die größeren Fiſche dagegen, wie die Seebarbe, die nur teilweiſe betäubt werden und infolgedeſſen ihre Bewegungen verlangſamen, tötet man leiht oder fängt ſie im Neße. Es war früh um 9 Uhr, als ih ebenfalls beim Fiſchgrunde eintraf und den hübſchen Anbli> von mehreren hundert Eingeborenen hatte, die Barben und andere edle Fiſche jagten und ſpeerten. Man beſchenkte mich mit 25 großen Fiſchen.
„Längs des Meeresufers lagerten im Schatten \<hlanker, zierlicher Eiſenholzbäume verſchiedene kleine Gruppen, eifrig mit dem Kochen und Verſpeiſen eines Teiles der Beute beſchäftigt. Die Veranlaſſung zu ſolch eilig bereitetem Frühſtücke iſt der harmloſe Aberglaube, daß es Unglü> bringe, wenn man ißt oder raucht, ehe das Gift ſeine Wirkung an den Fiſchen geäußert hat. Sobald daher eine Anzahl Fiſche gefangen ſind, eilen die Leute mit der Beute ans Land, um einige davon zu braten, und wenn ſo der ärgſte Hunger geſtillt iſt, ſo geht es wieder an den Fang. Um 11 Uhr vormittags ſezte die Flut ein, und als die Wogen über den Außenrand des Niffes hereinbrauſten, hatte der Spaß ein Ende. Eine maleriſche Karawane von Männern, Frauen und Kindern, alle mit Körben an den Händen, zog nun auf einem ſ{hmalen, von Mimoſen, Schraubenbäumen, Palmen