Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

Sternhai. Heringshai. 449

Zähnen entſprechend, vorzugsweiſe von Weichtieren, insbeſondere von krebsartigen, die er mit ſeinem Gebiſſe mehr zermahlt als zerreißt. Jhnen zu Gefallen hält er ſi< faſt nur in den tiefen Waſſerſchichten auf, nah Couch am liebſten auf ſandigem Grunde. Die Jungen, ungefähr ein Dußend an der Zahl, kommen wohlentwi>elt im November zur Welt. Günther weiſt auf den merkwürdigen, ſchon Ariſtoteles bekannten Umſtand hin, daß die Jungen einer anderen Art (Mustelus laevis) im Fruchthalter ſi< an einem Mutterkuchen entwi>eln, während die der hier beſchriebenen Art, nah Fohannes Müllers Unterſuchungen, ſi< ohne einen Mutterkuchen entwi>eln. Die Jungen begeben ſih bald nah ihrer Geburt in die tieferen Gründe des Meeres, woraus ſie erſt im nächſten Mai wieder emporſteigen: „Plutarchus \hreibet viel von natürlicher Anfechtung dieſer Thiere, dann in der Furcht verſhlu>en ſie ihre Jungen, und ſpeyen ſie hernah wiederumb auß. Die Aegyptier wann ſie haben einen Menſchen wöllen bedèuten der viel gefreſſen, und ſolches wieder außgeſpyen und wiederumb zu ſi< genommen, haben ſie dieſer fiſch einen gemahlet.“ Vom erſten Teile dieſer Angaben Gesners wiſſen die heutigen Forſcher nichts mehr zu berichten.

Obgleich der Sternhai nicht eigentlich gefräßig genannt werden kann, beißt er doch leiht an dié Angel und wird namentlih an den italieniſchen Küſten häufig gefangen, fommt au< in namhafter Menge auf die dortigen Fiſhmärkte. Sein Fleiſch wird ebenſowenig geachtet wie das ſeiner Verwandten und höchſtens von niht wähleriſchen Leuten gegeſſen.

„Dieſes iſt auch ein ſehr groſſer fiſh, alſo daß er zu zeiten von zweyen Pferden kaum auff einem Wagen gezogen mag werden, die mittelmäſſigen kommen auff 1000. Pfund, er hat einen gans breiten Kopff und Rücken, welches verurſachet hat, daß Plinius ihn unter die Flach- fiſche gezehlet hat, er wird bede>et mit einer rauhen Haut gleich einer Feilen, unter welcher etwas fett iſt, hat ein gar weiten Rachen, ſharpffe, harte, dreye>ichte Zähn zu beyden Seiten als eine Säge, welcher ſe<s Ordnungen ſind, die äuſſerſte Ordnung frümbt ſi< auſſer dem Maul, die ander iſ auffrecht, die 3. 4. 5. 6. gegen dem Schlauch hinein gefrümbt, hat einen überauß weiten Rachen, Halß und Magen, und groſſe runde Augen, 2c.“ Mit dieſen Worten beſchreibt Gesner ſehr richtig den Heringshai (Lamna cornubica, Squalus cornubicus, nasus, monensis, selanonus, lamia und pennantii, Tsurus cornubicus, Carcharinus lamia, Selanonius walkeri), Vertreter der Gattung der Naſenhaie (Lamna) und einer Familie (Lamnidae), die wir Walhaie nennen, weil ſie in der Geſtalt wie in ihrem Weſen an gewiſſe Delphine erinnern. Treffender no< würde man Walhaie, wovon drei Arten beſtimmt ſind, mit Thunfiſchen vergleichen; dieſen, ihrer bevorzugten Beute, kommen ſie in den äußeren Umriſſen ihres Leibes und bis zu einem gewiſſen Grade auh in der Stellung der Floſſen ſehr nahe. Sie haben zwei ſtachelloſe Nükenfloſſen, eine Afterfloſſe, winzige Spriglöcher, weite, vor den Bruſtfloſſen gelegene Kiemenſpalten, eine lange, vorgeſtre>te Schnauze, ein ungeheures Maul und zungenförmige, ungeſägte, zuweilen mit Nebenſpißen verſehene Zähne mit verzweigten Markröhren, die im Fnneren des Zahnes Neze bilden. |

Der Heringshai erreicht eine bedeutende Größe, über 3 m, vielleiht no< mehr, und wächſt ſehr raſh; wenigſtens nimmt dies Couch an, weil er fand, daß bei bereits ſehr großen erſt die zweite Zahnreihe in Thätigkeit gekommen war. Die Haut iſt glatt, ihre Färbung ein gleihmäßiges Grauſchwarz, das auf der Unterſeite, wie gewöhnlih, in Weiß übergeht, am Vorderteile der Schnauze bis gegen die Augen hin verläuft ein aus Punktfle>en gebildetes Band; hinter den Augen ſtehen dunklere Punkte und vor den

Brehm, Tierleben. 3. Auflage, VIII. 29