Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

470 Achte Ordnung: Knorpelfloſſer; vierzehnte Familie: Stachelrochen.

„Unter die Flach:fiſche“, ſagt Gesner, „wird auh der Gifft-ro<h oder Angel-fiſch gezehlet, das aller gifſſtigſte Thier auß allen Meer-fiſchen .…. Er hat eine glatte Haut, ohne Schüppen, mitten am Schwantß, ſo ſih vergleichet dem Shwang der Ratten, hat ex ein ſharpffen Angel oder Pfeil, eines fingers oder halben Schuhs lang, zu deſſen End zwey andere kleine herauß wachſen. Der Pfeil hat der Länge nah Widerhälein, welche verurſachen, daß ſie nit ohne groſſe Arbeit ſo ſie eingehe>t worden, herauß gezogen mögen werden. Dann }fo ex einen Fiſch geſtochen, ſo behält er ihn, zeu<ht ihn nach ſi glei als ob er mit einem Angel behafftet wäre. Mit fſolhem Pfeil und Angel, ſticht und vergifftet er alles ſo ihn verleßt, mit einem ſchädlichen Gift... Der Gifft-Roch beſchirmet ſi allezeit, und kämpfet mit ſeinem Pfeil: verwundet auch zu zeiten die Fiſcher, oder andere ſo ſie unbehutſam oder freventlih angreiffen: iſt ſonderlich liſtig in dem Fang: dann er verſchliefft ſich in den Koth, friſt keinen fiſh, er habe ihn dann zuvor lebendig zu todt geſtochen, als Oppianus ſchreibet .…. So ſhädli<h und gifftig iſt der Stich des Pfeils ſolcher Thiere, daß ein Menſch ſo alſo beſchädiget, von dem Gifſt und Schmerzen den Todt erleiden muß, wo ihm nicht mit Arzney zu ſtund geholffen wird. Deßgleichen ſo ein friſcher grüner Baum mit dieſem Pfeil am ſtamme verwundet wird, ſo ſol er zu Stund verdorren.“

Noch heutigestags ſprechen manche Fiſcher faſt wörtlih dieſe Anſchauungen der Alten aus, indem ſie mit aller Beſtimmtheit behaupten, daß die Stachelrochen mit ihrer gefährlihen Waffe Gift in die von ihnen verurſahten Wunden flößen. Wie ſ{<merzhaft und gefährlich dieſe Wunden wirklich ſind, mag aus na<hſtehendem Neiſeberihte Shomburgfs hervorgehen. „Unter den zahlreichen Fiſchen, die dem Takutu eigen ſind, nehmen die Stachelrochen dur< ihre Menge eine der erſten Stellen ein. Sie wühlen ihren platten Körper ſo in den Sand oder Schlamm ein, daß nur die Augen frei bleiben, und entziehen ſi dadur<h ſelbſt im klarſten Waſſer den Bli>ken der Herumwadenden. Hat nun jemand das Unglü> auf einen dieſer hinterliſtigen zu treten, ſo ſchnellt der beunruhigte Fiſch ſeinen Schwanz mit einer ſolchen Kraft gegen den Störenfried, daß der Stachel die abſcheuli<hſten Wunden beibringt, die oft nicht allein die gefährlichſten Krämpfe, ſondern ſelbſt den Tod zur Folge haben. Da unſere Fndianer dieſen gefährlichen Feind kannten, unterſuchten ſie immer, ſobald die Corials über die Bänke geſchoben oder gezogen wurden, den Weg mit einem Ruder oder Stoke. Ungeachtet dieſer Vorſicht wurde einer unſerer Ruderer doh zweimal von einem der Fiſche auf dem Spanne verwundet. Sowie der Beklagenswerte die Wunden erhielt, wankte er der Sandbank zu, ſtürzte zuſammen und wälzte ſich, die Lippen zuſammenbeißend, vor wütendem Schmerze umher, obſchon ſeinem Auge keine Thräne entrollte und ſeinem Munde kein Schmerzensſhrei entfloh. Noh waren wir damit beſchäftigt, dem armen Schelme ſeine Schmerzen ſoviel wie mögli zu lindern, als unſere Aufmerkſamkeit dur<h einen lauten Aufſchrei vom Leidenden abgezogen und auf einen anderen Fndianer gerichtet wurde, der ebenfalls geſtoßen worden war. Der Knabe beſaß noh niht die Charakterfeſtigkeit um wie jener den Ausdru> ſeines Schmerzes zu unterdrücken: unter durchdringendem Geſchreie warf er ſih auf den Boden, wühlte ſein Geſicht und ſeinen Kopf in den Sand ein, ja biß ſogar in dieſen hinein. Niemals habe ich einen Fallſühtigen in ſolhem Grade von Krämpfen befallen geſehen. Obgleich beide Fndianer nur auf dem Spanne und an der Sohle des Fußes verwundet waren, fühlten doch beide die heſtigſten Schmerzen in den Weichen, der Gegend des Herzens und unter den Armen. Traten die Krämpfe {hon bei dem alten Fndianer ziemlih hart auf, ſo nahmen ſie bei dem Knaben einen fo böſen Charakter an, daß wir alles fürchten zu müſſen glaubten. Nachdem wir die Wunden hatten ausſaugen laſſen, überbanden wir ſie, wuſchen ſie dann aus und legten nun fortwährend heiße Breiumſchläge von Kaſſawabrot auf. Die Krankheitszeichen hatten ſehr viel Ähnlichkeit mit denen, die den Schlangenbiß begleiten. Ein kräſtiger und