Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

486 Zehnie Drdnung: Nundmäuler; erſte Familie: Neunaugen.

die erſte iſt kurz, abgerundet und etwas niedriger als die zweite, die ebenfalls mit der Schwanz- und der ſehr kurzen, oft nur als Kante angedeuteten Afterfloſſe verſchmilzt. Ein glänzendes Grünlichblau iſt die Färbung der Oberſeite; es geht auf den Seiten in Gelblichweiß, auf dem Bauche in Silberweiß über; die Floſſen ſehen veilchenfarben aus.

Auch die Flußbri>e lebt im ſalzigen Waſſer, und zwar in allen Meeren, welche die Küſten Europas, Nordamerikas und Japans beſpülen, und ſteigt ebenfalls vom Meere aus in den Flüſſen empor, um zu laichen, ſcheint aber au< zuweilen in Seen oder größeren Flüſſen ſtändige Herberge zu nehmen und hier ihr Leben zu verbringen.

Die Sand- oder Zwergbrice, das Kleine Neunauge (Petromyzon planeri, branchialis, lumbricalis, ruber, coecus, niger, sanguisuga, bicolor und plumbeus, Tampetra planeri, A mmocoetes branchialis; Abbildung S. 487), ähnelt der leßtgenannten Verwandten, unterſcheidet ſich jedo<h dur geringere Größe, dur<h Gebiß und Befloſſung ſo entſchieden, daß ſie niht verwe<hſelt werden kann. Zwölf Zähne oder Zahnſpißen erheben ſih von der Platte, die dem Unterkiefer entſpricht; der Umfang des Saugmundes wird von einem dichten, aus mehreren Reihen beſtehenden Kranze kurzer, warzenartiger Franſen umſtellt, zwiſchen denen man ebenfalls kleine Zähne bemerkt; im übrigen ähnelt das Gebiß dem der Bricke. Die erſte Rückenfloſſe geht in die zweite entweder unmittelbar über oder iſt nur dur< einen furzen Zwiſhenraum getrennt. Hinſihtlih der Färbung unterſcheidet ſie ſich von der Brice hauptſächlih dadur<, daß der Nü>ken mehr ins Ölgrünliche ſpielt. Jhre Länge beträgt 20—40 cm.

Nach den Angaben Yarrells kommt die Sandbri>ke, die ſi<h über Europa und Nordamerika verbreitet, auh im Meere vor; häufiger aber findet ſie ſih im Süßwaſſer, und zwar faſt allerorten, bis zu den kleinſten Nebenbächen empor, da, wo der Grund günſtig, d. h. weihſandig oder ſhlammig iſt, meiſt in ſehr großer Anzahl.

Ungeachtet der geringen Ausbildung der Floſſen bewegen ſih die Neunaugen raſh und geſchi>t im Waſſer. Da, wo die Strömung nicht bedeutend iſt, fördern ſie ſih durh ſeitlih ſ{längelnde Bewegungen; in ſchnell fließendem Waſſer hingegen eilen ſie ru>weiſe vor, ſaugen ſi< na< jedem Sprunge an einem feſten Gegenſtande an, ruhen in dieſer Lage, eilen von neuem vorwärts und ſind ſo im ſtande, ſelbſt reißenden Strömen entgegenzuſhwimmen. Öfter noh mögen ſie ſih dur andere Tiere weiterführen laſſen. „Die Lampreten ſollen die Salmen, wann ſie auß dem Meer herauff ſtreichen, begleiten, in dem daß ſie an ihnen hangen mit ihrem Maul.“ Unſere Beobachtungen beſtreiten dieſe Angabe niht, eine Bemerkung Günthers ſcheint ſie im Gegenteil zu beſtätigen. „Beinahe jedes Jahr“, ſagt er von der Meerbricke, „fängt man dieſen Fiſh im Frühjahr bei Heil: bronn und ſogar in der Enns, und allgemein behauptet man, daß ſie um dieſe Zeit in die Flüſſe ſteige, um zu laichen. Sie ſ{hwimmt jedo<h zu ſhle<t, als daß man begreifen könnte, wie ſie in ſo kurzer Zeit den bedeutenden Weg zurü>zulegen vermag; ih halte es daher für niht unwahrſcheinlih, daß die ſo hoch in den Flüſſen gefangenen Lampreten ſich an andere Meerfiſche angeſaugt haben und mit dieſen heraufgekommen ſind. Dafür ſpricht, daß die Lamprete immer zugleih mit dem Lachſe und mit dem Maifiſche ankommt, und daß man, meines Wiſſens, noh nie eine Brut von ihr im Ne>ar angetroffen ats Man hat übrigens im Mittellaufe des Rheins auh Lachſe mit daran hängenden Lampreten gefangen.

Für die anderen Arten der Familie gilt die Angabe wohl nicht, wenigſtens niht in demſelben Umfange; bei ihnen walten aber auch entſchieden andere Verhältniſſe ob. Während nämlich die Lamprete ſi< nur ausnahmsweiſe in dem oberen Stromgebiete eines Fluſſes