Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4
Künſtliche Fiſchzucht. 21)
womögli< auf einer Höhe von 5—T7,5 Grad Celſius erhalten werden; ſie darf aber auh niht höher ſein, weil ſonſt die Entwickelung des Eies beſchleunigt wird und die Jungen bei uns zu Lande zu frühzeitig aus\{<lüpfen, bereits vor Eintritt des Frühjahres ihren Dotterſa> aufgezehrt haben und ſodann als vollkommene Fiſhchen untcr der geringen Wärme leiden. Nicht minder wichtig iſt die beſtändige Zuführung von lufthaltigem Waſſer, weil auh das ſi< entwi>elnde Ei atmet, d. h. einem Stoffwe<ſel unterliegt, indem es aus der dem Waſſer beigemengten Luft Sauerſtoff einſaugt und Kohlenſäure ausſceidet. Die Verſorgung des Waſſers mit Luft oder Sauerſtoff bewirkt man einfah dadurch, daß man dem zufließenden Waſſer ſtarkes Gefälle gibt oder es dur eine feinmündige Röhre mit einiger Gewalt in die Brutbe>en einſtrömen läßt und ſo einen ſcharfen Strahl erzeugt, wodurh zugleih Luft ins Waſſer getrieben wird. Demgemäß empfiehlt es ſi<, für jede Reihe von Brutgefäßen eine beſondere Zuflußröhre zu legen; denn wenn auh das von der oberen Brutkachelreihe abfließende Waſſer zur Speiſung einer zweiten Reihe 2c. benußt werden kann, ſo wird doh dur ſolches Verfahren die Entwi>kelung der in den unteren Reihen liegenden Eier erfahrungsmäßig verzögert und die Arbeit des beaufſichtigenden Züchters vermehrt. Erfüllung der eben genannten Bedingung führt mit Sicherheit ein günſtiges Ergebnis herbei. Doch hat man noch eins zu beobachten: es gilt auch, die Feinde oder die \hädlihen Einwirkungen abzuhalten. Daß der Brutraum nach außen hin dicht abgeſchloſſen und kleinen Feinden, namentli<h Waſſerſpißmäuſen, unzugänglich gemacht werden muß, verſteht ſi von ſelbſt. Dieſe Räuber ſind jedoch niht die ſchlimmſten Feinde der Eier; ſie hat der Züchter vielmehr in Shmarogerpflanzen, gewiſſen Pilzen, zu ſuchen, welche die Eier überziehen und abtöten. Namentlih während der erſten Tage der Entwi>elung hat man alle Sorgfalt auf genaueſte Durhmuſterung der Bruteier zu verwenden und jedes verdorbene, dur< weißlihe Trübung ih auszeihnende Ei ſofort zu entfernen. Dies geſchieht mit einem kleinen federnden Zängelchen oder mit einem Stichheber, lernt ſich ſehr leicht und nimmt verhältnismäßig wenig Zeit in Anſpruch, falls die Bruteinrichtung bequem genug iſ. Ein einigermaßen geübter Züchter wird während der erſten Tage mit etwa 100,000 Eiern kaum länger als 1 Stunde zu thun haben. Um die Verbreitung des verderblihen Simmels nah Möglichkeit zu hindern, empfiehlt es ſi, das einfließende Waſſer vorher dur feinwebige Tücher abzuſeihen, auch die Eier vermittelſt eines weihen Pinſels aus Dachshaaren tägli< von dem auf ihnen ſih abſeßenden Niederſchlage des Waſſers zu reinigen. Bis in die neueſte Zeit bede>te man, Facobis Vorgange folgend und von der Abſicht geleitet, den natürlichen Hergang möglichſt genau na<zuahmen, den Boden der Brutgefäße mit Sand; neuerdings iſt man hiervon gänzlich abgekommen, weil die Eier durchaus keines weichen Bettes bedürfen und der Sand die Leichtigkeit der Beaufſichtigung weſentlih beeinträchtigt. Mit der zweiten Hälfte der Entwidkelung, dem Sichtbarwerden der Augen, die als zwei unverhältniêmäßig große Punkte durch die Eiſchale ſchimmern, iſt das Schlimmſte überſtanden, und die weitere Entwi>elung geht nun mehr gewöhnlich regelmäßiger vor ſich. Jn dieſem Zuſtande kann man die Eier, ſorgfältig in feuchtes Moos gepa>tt, weit verſenden, ſogar aus einem Erdteile nah dem anderen bringen.
Je nah der Wärme des Brutraumes und des Waſſers, das man anwendet, ſ{hlüpft das Zunge früher oder ſpäter aus, ſelten vor Ablauf der ſechſten, zuweilen erſt in der achten Woche, und nunmehr geſchieht die Weiterentwi>elung ſo, wie oben beſchrieben. Solange das Fiſchen noh ſeinen Dotterſa> am Bauche trägt, bedarf es keiner Nahrung; ſobald dieſer aber aufgezehrt und der Bauch eben geworden iſt, ſtellt ſih das Bedürfnis nah Nahrung ein. Schon etwas früher hat der Züchter ſeine erzielten Jungen in größere, ſelbſtverſtändlih ebenfalls mit beſtändigem Zufluſſe verſorgte Been gebracht, indem
er das Brutgefäß ſelbſt vorſichtig entleerte oder, was beſſer iſt, in das größere Beken ſo Brehm, Tierleben. 3. Auflage. VIII. 3