Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5, стр. 696

620 Siebente Ordnung: Schnabelkerfe; zweite Familie: Schildläuſe.

artig als baumartig wachſenden Kermeseiche (Quercus coccifera), deren älteſie, entfräftete Büſche am meiſten mit dieſer kugeligen, der Eichenſchildlaus unſerer heimiſchen Eichen ſehr ähnlihen Schildlaus beſeßt ſind. Je na<hdem der Winter mehr oder weniger mild iſt, fällt au< die Ernte des Kermes mehr oder weniger ergiebig aus. Man re<hnet auf eine gute Ernte, wenn der Frühling ohne Fröſte und Nebel ausläuft. Für gewöhnli<h kommt nur eine Brut im Jahre vor, und nux in beſonders günſtigen Fällen wachſen die Schildläuſe zum zweiten Male in demſelben bis zur Brauchbarkeit heran. Anfang März ſind die Tierchen kleiner als ein Hirſekorn, im April erreichen ſie ihre bedeutendſte Größe, gleich der einer Erbſe; Ende Mai findet man 1800—2600 Eier unter der toten Hülle, den Überreſten der bald na< dem Legen zu Grunde gegangenen Mutter. Zu dieſer Zeit wird die Kermes von Hirten, Kindern oder Weibern geſammelt, die ſih zu dieſer Arbeit die Nägel

Kochenille (Cocens cacti) auf dem Nopalkaktus. 1) Männchen, 2 Weibchen. Stark vergrößert. Auf dem Kaïttus Wa@hsausſ<hwihungen und etwas vergrößerte Weibchen, au< ſliegende Männchen.

wachſen laſſen und es zu ſolcher Fertigkeit bringen, daß ſie unter Umſtänden in einem Tage zwei Pfund ſammeln.

Die berühmteſte aller Schildläuſe iſt die Kochenille (Coccus cacti). Das durthaus farminrote Männchen hat zwei getrübte Flügel, zehngliederige Fühler und lange Schwanzborſten, das ebenſo gefärbte Weibchen überzieht ſi< mit weißem Reif. Dieſe Art lebt urſprünglih in Mexiko auf der breiten Fakeldiſtel (Opuntia coccinellifera), dort Nopal genannt. Von da verpflanzte man ſie auf einige der weſtindiſhen Fnfeln, nah Malaga, Spanien, Algier, Java und zuleßt na< Teneriffa. Seit ungefähr 1526 bildet dieſer auf heißen Blechen getro>nete, in heißem Waſſer aufweihbare, in ſeinen Körperformen dann noh zu erkennende weiblihe Kerf als wertvoller Farbſtoff einen bedeutenden Ausfuhrartikel für Mexiko. Wiewohl hon Acoſta (um 1530) den tieriſchen Urſprung dieſer rotbraunen, etwas weiß beſhlagenen Körner, deren etwa 4100 eine Unze wiegen, nachgewieſen und andere Forſcher denſelben beſtätigt hatten, blieb doh die Anſicht von ihrer pflanzlihen Natur lange die herrſchende, ſo daß ſelbſt no< im Fahre 1725 der die leßtere vertretende Holländer Melchior van Ruyſcher ſih deshalb in eine Wette einließ, welche ihn um ſein ganzes Vermögen gebracht haben würde, wenn nict ſein großmütiger Gegner ihn ſeines Wortes entbunden hätte. Zur Entſcheidung dieſes Streites wurden die Gerichte herangezogen, Züchter in Mexiko von dieſen über die Natur der fraglichen Geſchöpfe vernommen und ihnen ſomit die Anſprüche auf ihre Kerfnatur „von Nechts wegen zuerkannt“.