Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

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Lebensäußerungen. 675

Die Dauercyſten ſind es, welche die Tiere gegen die Hibe, die Kälte, den Mangel von Waſſer und Sauerſtoff ſhüßen, und die Kolpoden beſißen die Fähigkeit, ſie abzuſcheiden in ſehr hohem Grade. Die Dauercyſte, deren Vildung leiht künſtlich hervorgerufen werden kann, iſt eine runde, an keiner Stelle von einer Offnung durhbrohene Membran, die anfangs beim Abſcheiden gelatinös iſt, aber ziemlih bald eine feſte, hornige Beſchaffenheit annimmt. Läßt man das Waſſer, in dem ſih Kolpoden aufhalten, auf dem Objektträger unter dem Mikroſkop langſam verdunſten, ſo ſieht man, wie die Tiere anfangen, gleichſam geängſtigt hin und her zu jagen, und wie ſie bemüht ſind, ſih von etwa kurz vorher aufgenommenen Nahrungsballen zu entlaſten. Plößlih hört ihr unruhiges Hin- und Herfahren auf, ſie fangen an, auf einem Punkte zu bleiben und ſi< um eine ihrer Achſen, die einen vre<hts, die anderen links herum raſh zu drehen. Dabei ziehen ſie ſih zu Kugeln zuſammen, ziehen auch ihre Wimpern ein und ſcheiden die gelatinöſe Hülle ab. Die Vakuole wird dabei in ihren Schlägen matter und matter, hört, ſobald die Cyſte erſtarrt iſt, ganz auf zu ſchlagen und liegt am oberen Ende in erweitertem Zuſtande, aber niht mehr als runde, ſondern als unregelmäßig ſternförmige Blaſe. Fm Waſſer gelaſſen, ſcheinen dieſe Cyſten nie auszuſ<hlüpfen, erſt wenn ſie mindeſtens zwei Tage tro>en gelegen hatten, war es möglich, das latente Leben ihres Jnhalts in ein aktives wieder überzuführen. That man ſie dann in Waſſer, ſo konnte man mit dem Mikroſkop beobachten, wie nah zwei- bis dreiſtündigem Aufenthalt in demſelben zunächſt der Pulsſchlag der Vakuole ſehr langſam und in längeren Pauſen wieder auftrat. Dabei ſchien ſih die Wand der Cyſte auszudehnen, und nach Verlauf von ſe<s Stunden platte ſie. Vorher aber hat das in ihr befindliche Tier die Bildung ſeiner Wimpern vollendet. Dieſelbe beginnt mit einer eigentümlich zitternden Bewegung der Oberfläche, die immer ſtärker wird, und wobei, wie es ſcheint, dur< Zentrifugalkraft die Cilien als Fortſäße des Protoplasmas hervorgeſchleudert werden. Bald ſind die Wimpern vollkommen ausgebildet und beginnen ein lebhaftes Spiel, das den ganzen Juhalt der Cyſte in eine drehende Bewegung verſeßt. Die Dauexrcyſte, in welcher das Jufuſor, abgeſehen vom Verluſt ſeines Wimperkleides, unverändert bleibt, kann ihren Schübling nur drei Wochen lang im Sommer erhalten, dana<h ſind dieſelben nicht wieder zum Leben zu erwe>en, es iſt alſo ein Frrtum, daß, wie man früher glaubte, eingetapſelte Jnſuſorien (wenigſtens Colpoda) ein latentes Leben ſozuſagen ad infinitum führen könnten.

Weſentlich anders beſchreibt Auguſt Bauer den Encyſtierungsprozeß von Bursaria truncatella, einem heterotrihen Fnfuſor. Er nahm ziemliche Zeit, einen vollen Tag, in Anſpruch. Zuerſt erſchienen die Tiere, die vorher ganz farblos geweſen waren, bei durchfallendem Lichte mil<hweiß und zwar aus demſelben Grunde, aus dem der Seifenſhaum weiß erſcheint, ihr ganzes Jnneres beſtand aus lauter kleinen Bläschen, ihr Parenchym war vakuoliſiert. Die Shwimmbewegungen hörten auf, die Tiere hefteten ſih auf irgend einen Gegenſtand feſt, Mund und Schlund wurden kleiner und enger, bis ſie ganz verſ<wunden waren, und die großen Mundwimpern wurden eingezogen oder abgeworfen, jedenfalls verſhwanden auch ſie. Dabei verringerte ſich die Körpergröße, die Geſtalt ging von einer ſtumpfſpiß ovalen in eine gleihmäßig längliche über. So blieben die Tiere geraume Zeit, dann zogen ſie ſih zu Kugeln-zuſammen, die kleinen Vakuolen verſhwanden, und das Parenchym zerfiel zu einer körnigen Maſſe, während ſich zugleih die feinen Körperwimpern verloren. Hierauf ging die eigentliche Cyſtenbildung erſt vor ſich. Die Cyſte beſteht hier aus einer doppelten Membran. Eine homogene glatte Membran liegt der Fnnenmaſſe unmittelbar auf, eine zweite äußere liegt in einiger Entfernung der erſteren, die ſich mit ihr durch zahlreiche kleine Bälkchen verbindet. Überall da, wo ein ſolches Bälfkchen an die äußere Membran herantritt, wird dieſelbe thalartig eingezogen, ſo daß ihre Oberfläche

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