Das Nordlicht. Bd. 1-2

Dante, in seiner Göttlichen Komödie, aus. Wohl läutert sich auch dort der Dichter, von Beatrice beschützt, von Virgil belehrt, auf seinem herrlichen Weg durch Hölle, Vorhölle und Himmelreich, aber stolz in seiner Reinheit, kann er Sünden, Makel und Schmach bloß in andern Geschöpfen und Wesenheiten schauen. Er selbst ist schon, wenigstens gegen die infamsten Übel, gefeit! Hingegen kann dieses Ich, das schließlich den Ararat sprengt, selbst über dem Eise, noch kein Reich des Friedens erwarten. Das ist ihm noch lange nicht vergönnt! Ruhestätten voll Urlicht, Stunden tiefster menschlicher Sammlung, die Frieden in die Arbeitstage der Erde verstrahlen können, das ist alles was es vermag. Worte der blinden Wehmutter (sie lebt wirklich auf Sardinien) will ich hier an-

schließen: Die blinde Wehmutter: Als Greisin führe ich noch grundbewußt zum Leben. Ich bin verwitwet, aber unverwittert, sicher! Ich hoffe ferne Geister bald ans Licht zu heben: Es wird der Mensch einst freier, abenteuerlicher.

Ich wurde weiß, den Sternen mag ich wohl entstammen! Bloß alte Seelen können einverleibt ergreisen.

Das Nordlicht wird die hehrsten unter uns entflammen: Nur um die reinsten kann die Weltwabe vereisen.

Über dem Eise, den Meeren und Gefilden der Erstarrnis flutet und verströmt sich Feuer. Über der Luft: durch die Luft. Alle vier Elemente suchen ihre Vereinigung. Der Kern des Menschen bricht durch, wandelt den Menschen, vollbringt die Umwälzung des dunklen Planeten zum leuchtenden Stern. In den Tropen war der Mensch, wie schon gesagt, der Ruhebringer, der Pilger zum Ursprung, der Wandrer aus der lebendigen Natur zum Frieden im Ich: hier das Gegenteil. Er bricht auf! Über die tote Natur spendet er seine Überfülle, bejaht er den Kosmos, entflammt er die eigne Sonne. Der gleiche Kern, Ursitz des Religiösen, hat somit im Menschen die größten

37