Der Künstler zwischen Westen und Osten

HAMLET I

A. W.von Schlegel sagt über Hamlet: „Dieses rätselhafte Werk gleicht jenen irrationalen Gleichungen, in denen immer ein Bruch von unbekannten Größen übrigbleibt, der sich auf keine Weise auflösen läßt.“ Der Prinz von Dänemark ist dem irdischen Intellekt allerdings unergründbar, und eine leiblich-seelische Psychologie vermag seine Handlungsweise nicht zu durchschauen. Für die gesamte Schulweisheit bleibt er eine imaginäre Größe, die Quadratwurzel aus minus eins, das ı als Ichheit, nie erklärlich.

Je tiefer jedoch der geistige Blick in das Gewebe des Schicksals, insofern dieses nicht von Tod und Geburt begrenzt erscheint, einzudringen vermag, um so mehr lichtet sich der Verlauf des Dramas auf. Man sieht in Hamlets Seelennacht göttliche Gesetze gleich Sternenbahnen aufleuchten. Man beginnt zu ahnen, daß die Fäden, die sich in Helsingsförs zu dem karmischen Knoten knüpfen, in langvergangene Zeiten zurückreichen. Rudolf Steiner hat den Schleier von diesem tragischen Schicksal gehoben.

Hamlet hat gelebt. Er ist keine erdichtete Figur. Wenn Shakespeare sagt, daß er in Wittenberg studiert