Der Künstler zwischen Westen und Osten

Hamlet ıh3

tum ganz in die Hände Gottes gelegt, was sich z. B. darin zeigte, daß er im Zweikampf mit dem alten Fortimbras ohne Zögern Land und Leute ‚laut Brief, Vertrag und Siegel“ auf das Spiel setzte. Unbedenklich würde er das eigene Leben dahingegeben haben, wenn der Himmel es gefordert hätte. Der gerechte Waffengang war für ihn eine Vorbereitung auf das Jüngste Gericht; der tückische Mord jedoch, der an ihm begangen wurde, eine Unternehmung, die nicht nur gegen die irdische, sondern auch gegen die göttliche Majestät gerichtet war. Er sucht als Herold des Himmels im Sohne den Rächer. Da dieser infolge seiner Schwäche versagt, überträgt er dem Sohne seines alten Gegners, dem Prinzen Fortimbras, das Königtum. In dem jungen Helden, der ausgezogen ist, ohne ein Ziel zu haben, sieht er den Bringer einer neuen Kraft.

Ist das Ende der Tragödie nicht ein goldener Sonnenaufgang nach gespenstiger Mondnacht? Gleicht es nicht dem Einzug der Griechen in Troja?

Es ist der Wille des toten Königs, daß die Entscheidung zwischen Himmel und Hölle, das Gottesgericht, auch auf der Erde selber falle. Deshalb erscheint er in der Rüstung, die er trug, als er sich mit dem alten Fortimbras maß, gewappnet „vom Wirbel bis zur Zehe, mit offenem Visier, sehr blaß, mehr des Kummers Ausdruck als des Zorns im Auge“. Dieser Blick, der unyerrückt gerichtet ist, enthält im Keime schon das ganze Unglück Dänemarks. Es ist Schicksalsmacht in ihm. Er weist auf eine Gottesstunde. Er leuchtet überirdisch. — Dieser Blick steht als Stern am Himmel.