Der Künstler zwischen Westen und Osten
Über die Jugendbewegung 227
lich schwer, sich einen Begriff von den Impulsen der Jugendbewegung zu machen. Die heutige Psychologie glaubt noch aus der Erotik und der Vererbung heraus den Drang und die Hemmungen des Dranges, die zutage treten, erklären zu können. Eines wagt sie dabei nıcht mehr abzustreiten, daß nämlich die Triebe der Jugend etwas Ideales enthalten, das auf ein Menschheitliches als solches geht und in keiner Weise auf die Geschlechtlichkeit allen zurückgeführt werden kann. Hier sind jedoch auch die besten Beobachter ratlos. Selbst ein so ausgezeichneter Psychoanalytiker wie Paul Häberlin kommt über diese Stufe nicht hinaus. Er schreibt in seiner Broschüre „Eltern und Kinder, psychologische Bemerkungen zum Konflikt der Generationen“: „Das Neue, das heute dem Alten gegenübersteht, mutet den Psychologen an wie eine Art von Menschheitspubertät. Die Pubertätszeit im Leben des einzelnen Menschen ist gekennzeichnet einerseits durch ein aufTallendes Flüssigwerden der gesamten Entwicklung (daher auch ‚Entwicklungszeit‘ im besonderen Sinne genannt), einen beschleunigten Wechsel von Abbau bisheriger Formen, Idealen, Gewohnheiten — und Aufbau neuer Formen, wobei der Eindruck der Flüssigwerdung, der Formzerstörung, daher der ‚Befreiung‘, der Ablehnung aller Bindungen, aber auch der Unbestimmtheit, Uferlosigkeit, Vagheit vorherrscht, wenigstens für den Außenstehenden; während der Beteiligte selbst sich eher bewußt ist, gerade positiv um bestimmte Formen
und Ideale zu ringen. — Steckt nicht etwas von diesem 15*