Der Künstler zwischen Westen und Osten
Über die Jugendbewegung 229
Begriff von den Werdekräften zu geben vermochte, ist bisher Rudolf Steiner geblieben.
Was in den jungen Menschen eigentlich vorgeht, hat er in seinem Lehrerkurse am Goetheanum, über den ich in einer Schrift berichtete, in einleuchtender Weise beschrieben. Seine Beobachtungen sind epochemachend. Die Erzieher haben die Pflicht, wenn nicht ihretwegen, so doch der Kinder wegen, sie zu prüfen und zu beherzigen. Ich setze einen kurzen Abschnitt hin:
Der Vorgang, der sich zur Zeit des Zahnwechsels abspielt und ein Freiwerden geistig-seelischer Fähigkeiten bedeutet, hat mit dem Wesen des Geschlechtlichen noch nichts zu tun. Die Seeleneigenschaften, die vor dem vierzehnten Jahre erwachen, sind bei Knaben und Mädchen, trotz mannigfacher Nuancierung, noch etwas Allgemein-Menschliches. Denken, Fühlen und Wollen entwickeln sich in dieser Periode mehr nach der Erinnerungsseite hin, die nicht in Geschlechter differenziert ist. Das Kind lebt noch den Kräften, die seinen Leib durchrhythmisieren.
Diese seinen Leib durchrhythmisierenden Kräfte werden bei der Geschlechtsreife völlig frei und äußern sich nunmehr als Empfänglichkeit des Jünglings und der Jungfrau für Ideale. Die eigentliche Phantasie, eine Seelenfähigkeit, die unabhängig von Raum und Zeit in wundersamer Weise Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft durcheinanderwebt, wird nun geboren. In Wirklichkeit bringt der Mensch, dessen Inneres derart durchbricht, sein eigenes präexistentes Leben mit. Er