Der Künstler zwischen Westen und Osten
230 Über die Jugendbewegung
wird, man darf wohl sagen, hinausgeworfen in eine äußere Welt.
Der junge Mensch, der dies erlebt, findet alles anders, als er vermutete. Unbewußt vergleicht er jene Welt, in der er früher war, mit derjenigen, die sich seinen Sinnen auftut. Unendliche Hemmungen treten seinen mächtig erwachenden Wünschen entgegen. Daraus erhebt sich jener ungeheure Tumult, der ihn bis zum zwanzigsten Jahr und oft noch darüber hinaus durchbraust. Man darf nıcht glauben, daß er niedergehalten werden kann. Der Erzieher, der dies erzwingen will, wird nur des jungen Menschen größter Feind.
Vielmehr muß die Frage beantwortet werden, wie vermag man diesem Durchbruche zu Hilfe zu kommen, damit er in richtige Bahnen geleitet wird.
Vor allem soll man sich klar darüber sein, daß der junge Mensch den Erwachsenen ein neues Wesen entgegenbringt, dem Autorität als solche nichts mehr gilt. Man hat sich sogleich daran zu gewöhnen, diesen Jünglingen, die toben, weil die Welt anders ist, als sie erwarteten, und diesen rebellisch gewordenen Jungfrauen zu motivieren (ohne in Schulmeisterei und Philisterei zu verfallen), warum alles so geworden ist und wie es anders werden kann. Man muß sich als Welt- und Menschenkenner erweisen. Man muß das Werdende gegen das Gewordene ausspielen. Man muß durch das Urteilsvermögen auf den Willen wirken. Mit Autorität richtet man von jetzt an nichts mehr aus, sondern nur durch Begründung. Erfahrungen, die man vorbringt, sind es allein, die. noch zu imponieren vermögen.