Der Künstler zwischen Westen und Osten
Über die Jugendbewegung 21
Findet der junge Mensch nicht den Anschluß an Führer, die imstande sind, das Seiende von solchen Gesichtspunkten aus zu zeigen, die es vernünflig erscheinen lassen, so kommt ihm alles sinnlos vor, der innere Sturm erhebt sich fürchterlich, jedes Wehr wird weggeschwemmt.
Denn diese freigewordene Seele, sagte Rudolf Steiner, ist eben nicht von dieser Welt.
Den Zuhörern aber wurden bei dieser Schilderung mit einem Male die ungezählten Untergänge junger Menschen klar: das Stumpfwerden des Willens, das Aufgeben der Ideale, das Zusammenbrechen ...
Zweierlei muß man den jungen Menschen in dieser Periode geben können. Erstens die Anerkennung des Freiheitsgefühles. Und dann ein Bild der Menschheit, in das sie sich mit ihrer ganzen körperlichen und geistigen Wesenheit hineinleben können. Die Jugend lehnt die Autorität des einzelnen Menschen ab, besonders wenn dieser beschränkt und philiströs ist. Aber sie sucht in dem Menschheitsbilde und in den Persönlichkeiten, die dieses in sich zu tragen scheinen, immer etwas ganz Bestimmtes zu erleben. Sie schaut nämlich nach einem Ideale aus, das sie zu ihrem eigenen höheren Selbste machen könnte.
Ist das Menschheitsbild, das man vor die neue Generation hinstellt, unwahr, ungut, unschön, so werden die Wachstumskräfte in den Dienst der Dekadenz gestellt. Sie verhärten oder verweichlichen und wirken infolge der Vehemenz, womit sie in jungen Menschen auftreten, noch zerstörerischer als in der alten Generation.