Die Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

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e des Weltkrieges 1914/18.

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mit denen man ſonſt überall in dieſem Lande zu re<nen hatte. So waren die beiden jungen Leute gut miteinander ausgetominen, bis der Ausbruch des Krieges im Auguſt 1914

plôßlih ihre politiſhen Meinungen aufde>te und ſie faſt zu Gegnern machte. Das heißt, der Engländer hatte ein wohl=meinendes, verzeihendes Lächeln für die Shwärmerei ſeines Freundes, ein ererbtes Anhängſel, wie er es nannte, und

‘ein leßter Beweis von Werners deutſcher Abſtammung | mütterlicherſeits. Denn daß er im Ernſt zu den deutſchen

„Barbaren“ hielte, die ohne jede innere oder äußere Nötiz

gung einen Weltkrieg heraufbeſ<woren, das glaubte er niht.

Das konnte nux eine Selbſitäuſhung ſein. Freilih hatte er frühex ſelbſt einmal im Spaß behauptet, daß gerade die Vor=

Züge, die ex an Werner ſ<häßle, germaniſchen Wſprungs

ſeien, hatte auh deſſen Neigung zu deutſ<her Kunſt und Philoſophie gewürdigt und geteilt, ſoweit ſeine Nüchtern= heit das zuließ. Daß ſi< Werner Twersky innerlih- aber

do als reiner Ruſſe fühlte und ſih jeßt auf die Seite ſeines | Vaterlandes. ſtellen würde, wax ihm faum zweifelhaft. —

Wie oft hatten ſie an dieſem Fenſter kameradſchaftlih am

© Freitagabend nebeneinander geſtanden und gewartet, bis

ſi unten auf dem unſagbar ſ<hmußigen Hof die Türen der

Mauleſel mié Geſchüßteilen und Schlitten für deutſche Hochgebirgstruppen. /

dunklen Hinterhäuſer öffneten und wie koſtbare Blumen auf Miſtbeeten die- Jüdinnen in den neueſten Pariſer |

Kleidern auftauhten, um zum Gottesdienſt im Tempel zu wandern ! : |

„Schade um ſie,“ hatte Werner oft geſagt, „ſhade auh |

um ſie und dies Land!“ E _Immerx wieder mußte Frank Brown dann über die „unglüdlihe Liebe“ des Freundes lachen, auh über den Zwie-

ſpalt in deſſen Seele. Warum beſchwerte er [ih ſelbſt,

weshalb warf er niht Bedenken, Zweifel, Wünſche nah Beſſerung über Bord, weshalb ſann er nah, welhem Land ſich ſein Herz zuwandte, verſuchte ewig wieder, beiden ge-

re<t zu werden, ja, warum genoß er ficht das Leben? Und nahm hin, was ſi ihm bot? Selbſt die \<hönen, ge= | [<müd>ten Jüdinnen warenihm nurx ein Sinnbild; ein Zeichen | ſtarker Kräfte, die vom Alltag gefeſſelt wurden, die ſih heim- |

lih wie ſo manches andere in dem ſeltſamen, großen Reiche entwid>elten und plößlih, jäh aufleu<htend und wieder verſ<hwindend, an ihr Daſein gemahnten =—

Frank Brown kannte ſie au<h aus der Nähe und hätte

ihre Wirklichkeit bezeugen können. Aber von ſol<h einem

vertraulihen Geſtändnis hielt ihn Werners Art zurü>. Immer lag es do< wie eine unſihtbare Scheidewand zwi[hen ihnen, erbaut aus ihrer Weſensverſchiedenheit. Jet

ſeine eigene Sicherheit gebot ds. „Was niemand geahnt, was niemand für möglih gehalten hat, “ ſagte ex jeßt leiſe, „iſt geſhehen! Die Deutſhen “ſtehen vox den Toren, heut!’ oder morgen Éönnen ſie einziehen: Die Stadt wird ſih niht verteidigen.“ Werner nie C SS __ „Und wir,“ fragte der Engländer dringlih weiter, „was GeMteht mt m SS i Ohne Beſinnen erwiderte der andere: „JG — i bleibe E — i „So!“ ſagte Frank Brown, als ſtelle ex eine überwälti“gende Tatſache feſt. Mit ſharfer Süimme, als ſegze er ein Verhör fort, forderte er den Grund dieſes Verhaltens zu

“aber wollte und mußte ex ſie nied erreißen; und fax ſehen —

M e SS

___ „Vorläufig,“ entgegnete Werner Twersky langſam, „ſind die Deutſchen no<h niht hier; an den Kanonendonnex ihrer Kriegſchiſſe von der Reede her ſind wir [hon gewöhnt, ‘ebenſo an die Beſchießung unſerer Stadt und die peinlichen

_Gliegerbeſuche, dies alles fann alſo au< diesmal wieder nur eine Täuſhung ſein —“_ E ___ „Einmal wird es Wahrheit,“ unterbra< ihn der EnglänE E DEO Weihen SE mix niht aus, iG will lare Ao 5 „Die gab iG ſhon,“ fur<llos waren Augen und Stimme: „ih bleibe hier!“ Und mit einer Leidenſchaft, die ex nie= mals în dem „träume=-

- riſhen Deutſhen“ vex= mutet hatte, hörte Frank “Brown das Bekenntnis ablegen, daß man in __ Helten Der Nol WEDEL _ Heimatſtadt noh =land im Stiche ließe, und daß es ihm als einzigem _ Sohn obendrein obliege, bei dex Muttex zu bleiben und ſie zu ſ{hüßen. „Sie hätten ſie Cher in Sicherheit bringen ſollen, Jhre Muttex !® Da _la<te Werner - bitter au. „Wohin?

_ Waren wix auf den — Krieg gefaßt? War nicht “alles ein fünſilihes Mawert des Zaren und ſeiner Ratgebex eU um Simmels willen,“ flüſterte dex Engländer, denn im Saal i : C oben ſh die ROPſE von “den Büchern — aber Wernex ſpra<h voll Zorn weiter: „Niemand von uns, niemand im Volke wollte dieſen Kriea ! Oder ahnte ihn! Ja, wäre no< Zeit geweſen, ſo hätte ih allerdings meine Mutter fortgeſchaf}t. A „— na< Rußland,“ warf der andere wie von ungefähr

hs, Berlin.

_ „Nein, Mr. Brown! Nicht nah Rußland, niémals nue nad Sa

Dex Engländer ergriff Werners in Erregung erhobene Sane nD De ee “Vorſicht, Vorſicht! Sie verraten ſi, Sie verraten ZUE viel! Vergeſſen Sie niht, daß Sie Ruſſe ſnd —

„Ich bin Balte, Mx. Brown; das heißt: ein Menſch ſei 1 den Rußland anerkennt, wenn es ihn braucht, oder ihn ſtra E dem.es aber weder Rechte noh Shuß gewährt —

¡Slee SS Ih ſehe, was ih ſehe! Tauſende meiner Landsleute ſind ſeit Kriegsausbru< na< Sibirien verſchleppt worden, man mißtraut ihrer Geſinnung e : E „Mit Recht, will mi bedünken!* E E E Werner Pawlowitſ<!“ i Nicht umſonſt gebrauchte ſein Chef in dieſem Augenbli>

“ein.

die ruſſiſhe Benennung. Werner zu>te zuſammen. *

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