Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.
V. Stille Zeiten. 121
auf. Metternich konnte den Rebellen nicht gewogen ſein, obwohl Profeſh-Oſten mit Beharrlichkeit für den unternehmungsluſtigen Vizefönig Partei ergriff. „Die gegenſeitige Stellung beider (des Vizefönigs und des Sultans) iſt vielleicht einzig in der Geſchichte,“ ſchrieb der Diplomat. „Der Paſcha wehrt ſich ſeit Jahren gegen die Notwendigkeit, die Fahne des Aufruhrs zu erheben. Der Sultan ſcheint hingegen ſeit Jahren kein wichtigeres Geſchäft zu haben, als ihn dazu zu nötigen.“ Jn Konſtantinopel geriet man in Sorge, als das türkiſche Heer bei Koniech nach heißem Kampfe vernichtet wurde, denn für die Ägypter lag der Weg nach der Hauptſtadt des osmaniſchen Reiches offen. Jn der Not ſtellte ſih Kaiſer Nikolaus dienſtwillig zur Verfügung, aber die Aufdringlichkeit, mit der dies geſchah, erregte nur Verdacht. Darum zog der Sultan lieber den Bannfluch gegen die Empörer zurü>.
Indes, die Angelegenheit war damit nicht erledigt. Man traute in Konſtantinopel der Friedensliebe Mehmed-Alis und Jbrahims nicht und rief deshalb — wennglei< {weren Herzens — nach der ruſ=ſiſchen Hilfe. Nun beſtand die Gefahr, daß Jbrahim früher als die ruſſiſchen Regimenter in der Hauptſtadt erſcheinen könne, und um dieſer verhängnisvollen Möglichkeit auszuweichen, bahnte der Sultan gleichzeitig eine Verſöhnung mit dem Vizekönige an. MehmedAli wurde jetzt ſogar mit ganz Syrien belehnt. Doch ſchon waren zwei ruſſiſche Hilfskorps3 unterwegs und Kleinaſien wurde von den Ägyptern geſäubert. Jm Anſchluſſe an dieſe Leiſtung kam im Juli 1833 zwiſchen Rußland und der Pforte der Vertrag von Hunkiar Skeleſſi zuſtande, der für aht Jahre Gültigkeit haben ſollte. Beide Mächte verſprachen ſi<h gegenſeitige Hilfe, was nichts anderes heißen konnte, als daß Rußland einen erhöhten Einfluß auf die Türkei erhielt. Natürlich zum großen Ärger von England und Frankreich, die bei ihren angeſtrengten diplomatiſhen Bemühungen niht ſo glüclih waren! Der Sultan ging aus dem Kampfe gedemütigt hervor, während Mehmed-Ali zum Mißvergnügen all derer, die in ihm bloß einen ehrgeizigen Schwindler erbli>ten, mächtiger denn je daſtand.
Kaiſer Nikolaus durfte ſich mit dem Hochgefühle des Siegers ſeines Triumphes im Oſten Europas freuen. Er ſ{<höpfte aus dem Erfolge neue Luſt, auh im Weſten ſeine Macht zu vollem Einfluſſe zu bringen und die ihm ſo verhaßten revolutionären Elemente ſelbſt auf die Gefahr eines Weltkrieges hin zu Paaren zu treiben. Öſterreich ſollte ihm dabei behilflich ſein. Darum kam ihm die Einladung