Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

54 IT. Der Kampf gegen Napoleon.

das Jnutereſſe des Kaiſers Franz, und die Abſicht Alexanders, Polen in romantiſcher Begeiſterung unter Rußlands Oberherrſchaft aufzurichten, widerſtrebte den nüchternen Erwägungen der maßgebenden Öſterreicher. Schon im Sommer 1810, als Metternich in Paris weilte, war von Napoleon — der gleichfalls den Träumen der polniſchen Nationaliſten Vorſhub angedeihen ließ — der Verzicht auf Galizien angeregt worden, doch der Kaiſer von Frankreich verhieß dafür wenigſtens die erſehnte Rückgabe der illyriſchen Provinzen und damit die Wiederherſtellung des Zugangs zum Meere. Ferner ſtellte er noh andern Gewinn in Ausſicht, für den Metternich die Feſtſezung des Jnns als Grenze gegen Bayern und die Erlangung von Preußiſh-Schleſien in Vorſchlag brachte. Der Miniſter des Äußern ſcheint eben der trügeriſchen Anſicht geweſen zu ſein, daß die Auflöſung des Königreichs Preußen unter allen Umſtänden erfolgen werde, wie er auch den Sieg der franzöſiſchen Waffen im Kampfe gegen Rußland — ſpäter verſicherte er das Gegenteil — nicht bezweifelt haben mochte. Der Anſchluß an Napoleon bot mithin die größten Vorteile; er wurde von Metternich und von Schwarzenberg eifrig betrieben. Am 14. März 1812 vereinbarten die zwei Kaiſerſtaaten Schwiegervater und Schwiegerſohn — einen Vertrag, der Öſterreich verpflichtete, für den ruſſiſchen Feldzug 30 000 Mann zur Ver=fügung zu ſtellen, die jedo< — anders als die preußiſchen Hilfs=truppen — unter öſterreichiſcher Führung bleiben ſollten. Die Unverlezlichkeit der Türkei wurde garantiert, was einer Zurücknahme der entgegenfkommenden Verſprechungen gleichkam, die Napoleon dem Zaren Alexander in Erfurt gegeben hatte. Am Schluſſe des Pariſer Allianzvertrages hieß es vielbedeutend: „Fm Falle eines glülichen Ausganges des Krieges verpflichtet ſih der Kaiſer der Franzoſen, dem Kaiſer von Öſterreich Kriegsentſchädigungen und Gebiet3vergrößerungen zuzuwenden, die nicht allein die dargebrachten Kriegsopfer aufwiegen, ſondern auch ein Denkmal der engen und dauerhaf=ten Verbindung bilden ſollen, die zwiſchen beiden Souveränen beſteht.“ Der Sieger von Marengo, von Auſterliß, von Wagram und der Unterlegene vereinigten ſih nah langer Gegnerſchaft. Man hat dieſe Allianz verſchieden beurteilt und die Stellung Metternichs ins Licht der Zuſtimmung und in den Schatten des Tadels gerückt. Wollte der Miniſter ſi<h mit Napoleons Macht abfinden und Öſterreich gleichſam unter deſſen Protektorat vegetieren laſſen oder dachte er daran, bloß einen geeigneteren Augenbli> für die Befreiung des Staates abzuwarten? Die lebßtere Auffaſſung hat Prof. On>ken in