Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

78 II. Metternih gegen Deutſchlands Freiheit.

Metternich die Sonne des Glücks heller denn je. Alles ſchien ſfih na< ſeinen Wünſchen anzulaſſen. Zar Alexander war ein anderer geworden. Die Wahrnehmung, daß an ſeinem eigenen Hofe demagogiſche Geheimbünde beſtanden, daß ſeine Gardeoffiziere ſogar revolutio= nären Jdeen zuneigten, hatte ſeine liberalen Regungen erſti>t. Der Kaiſer — den einſt Max von Schenkendorf ſhwärmeriſch beſang:

„Ein Held iſ ausgezogen, ein Held der Freundlichkeit,

ihn trug auf rauhen Wogen die wildbewegte Zeit.

Er nahur zu Schwert und Schilde den Glauben und die Treu,

ſein Gürtel heißet Milde und Gott ſein Feldgeſchrei !““ war jetzt für die geſpenſterſeheriſche Furchtſamkeit eines Metternich auſnahmsfähig. Auch König Friedrich Wilhelm zeigte ſich noch leiche ter beeinflußbar als ſrüher, denn der ſhle<te Eindru>, den das Feſt des jugendlichen Enthuſiasmus auf der Wartburg in ihm ausgelöſt hatte, hielt an. Da fanden die beharrlichen Warnungen des öſterreichiſchen Staatsmannes, Preußens Herrſcher möge auf keinen Fall die im Mai 1815 verheißene Volksrepräſentation gewähren, offene Ohren und volles Verſtändnis. Selbſt in England wurde Metternichs Stimme gerne gehört, denn das engherzige Torykabinett zollte dem Staatsmanne Beifall, der ſich als Beſchirmer der konſervativen Weltanſchauung anpries.

Die eigentlichen Arbeiten des Kongreſſes gingen flott von ſtatten. Es fehlte zwar nicht an Gegenſätzen, aber die verſchiedenen Meinungen ſtießen niht rauh aneinander. Man war verſöhnlich geſtimmt. Gleich zu Anfang erledigte man ohne Debatte die Angelegenheit der Räumung Frankreichs. Schwieriger geſtalteten ſich die Verhandlungen über das künftige Verhältnis des bourboniſchen Königs Ludwig XVIIL. zu den Alliierten. Der führende Vertreter Frankreichs wünſchte, daß ſein Herrſcher in den Bund Öſterreichs, Preußens, Englands und Rußlands als vollwertiges fünftes Glied aufgenommen werde. Metternich jedoch hob in einer Denkſchrift hervor, Frankreich befinde ſich niht in der gleichen Lage wie die verbündeten Staaten. Das Königreich ſei aus der Revolution hervorgegangen und noch vom Streite der Parteien durchtobt. Deshalb könne es niht ohne Einſchränkung in den Bund aufgenommen werden ; es müſſe ſich vielmehr begnügen, von Fall zu Fall zur Teilnahme an den Beratungen der Alliierten aufgefordert zu werden. Am 15. November wurde die Urkunde unterzeichnet, dur<h die Frankreich ſeinen Beitritt zu dem Syſtem des allgemeinen Friedens aus=ſprach und ſich den vier Mächten anſhloß. Ganz im geheimen aber