Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

IIT. Metternich gegen Deutſchlands Freiheit. - 79

erneuerten die alten Verbündeten ihre Verabredungen von Chau=mont und ſetzten ſelbſt die militäriſchen Vorkehrungen feſt, die im Falle neuer Unruhen in Frankreich getroffen werden ſollten.

über die Zuſtände in Deutſchland und über die Notwendigfeit eines Kampfes gegen die Bewegungsparteien wurde in vertrau=lichen Geſprächen der Monarchen und ihrer Staat3männer ein Gedankenaustauſch gepflogen. Zu ſchroffen Maßnahmen kam es zwar nicht, doch Metternichs wortreiche Überredungskfunſt und die Ängſtlichkeit der andern bereiteten den Boden für künſtige Aktionen vor. Der öſterreichiſche Miniſter wußte eine Denkſchrift geſhi>t zu verwenden, die der phantaſtiſche Walache Stourdza ausgearbeitet hatte. Dieſes Memorandum wollte die Aufmerkſamkeit auf die beſorgnis=erregenden Erſcheinungen in Deutſchland lenken, das politiſche Treiben an den Univerſitäten aufde>en und die Mängel im Erziehungsweſen ſowie die Schäden der Preßfreiheit dartun. Auf den eingeſchüchterten Zaren machte die Denkſchrift — die durch eine Judiskretion bald zur Kenntnis der erſtaunten Öffentlichkeit gelangte — keinen geringen Eindrut, ſo daß Metternich gewonnenes Spiel hatte. Jn Aachen arbeitete der öſterreichiſche Staatsmann auch zwei Schriſtſtücke aus, die er einem Berliner Geſinnungsgenoſſen, dem müächs tigen Fürſten Wittgenſtein mit der Weiſung überſandte, ſie im rechten Augenblicke in die Hände des Königs von Preußen gelangen zu laſſen. Hardenberg war bereits ins Vertrauen gezogen. Die eine Denkſchrift faßte all das zuſammen, was der Miniſter gegen einen wirfungsvollen Parlamentarismus vorzubringen hatte. Er wollte bloß den ſieben preußiſchen Provinzen je eine Ständeverſammlung zugeſtanden wiſſen. Das zweite Schriftſtück beſchäftigte ſich mit dem Erziehungsweſen, mit den Turnanſtalten und mit der Preßſfreiheit. Nachdem Metternich das drohende Unheil mit den düſterſten Farben ausgemalt hatte, kam er zu den eindringlichen Ratſchlägen, daß Preußen ohne leichtfertigen Zeitverluſt gegen das Turnweſen einſchreiten müſſe, daß es mit Öſterreich ſ<leunigſt über andere gemeinſame Aktionen verhandeln ſolle und daß ſ<hließli< über alles, was geſchehen werde, die dichteſten Schleier des Geheimniſſes zu breiten ſeien !). Vorläufig traute man ſich noh nicht, die Karten aufſzude>en, doch bald wurde man kühner. Gegen Ende November fanden die Feſte und Beratungen, die heitern Spiele und die ernſten Verhandlungen ihren Abſchluß. Metternich fühlte ſich in ſeiner Stellung gefeſtigt, und

1) Aus Metternihs nachgelaſſenen Papieren. 3. Band.