Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

80 _VI. Metternich gegen Deutſchlands Freiheit.

Geng bli>te auf Wochen guter Geſchäfte. Am 25. November 1818 ſchrieb er in ſein Tagebuch: „Jh nehme von Aachen zwei neue Or=den und 6000 Dukaten an Geſchenken mit, obwohl ih während mei= nes Aufenthaltes daſelbſt 1800 Dukaten ausgegeben habe. Außerdem tvaren dieſe zwei Monate, obgleich voll Mühe und Arbeit doh unſtreitig die intereſſanteſten, beſriedigendſten und ruhmvollſten meines Lebens !‘ *)

In Deutſchland dauerte die politiſche Geſchäftigkeit der Jugend ſort, und auch ernſte Männer träumten den ſ{hönen Traum weiter, den die Jahre der Erhebung in die Köpfe gepflanzt hatten. Aber die Schwarmgeiſter gaben ſich niht mehr mit harmloſen Demonſtrationen, ho<hſhäumenden Zeitungsergüſſen und geſhwäßigen Bierbankrevolutionen zufrieden. Es iſt immer gefährlich, wenn Begeiſterung plößlih in Mißſtimmung umſchlägt. Die Verzagtheit läßt dann ſchwarze Pläne entſtehen; ſie leitet die Gedanken nach einer falſchen Richtung. Einzelne deutſche Jünglinge glaubten jezt wirklich, einen vernichtenden Kampf gegen unbeliebte Perſönlichkeiten führen zu ſollen, um Deutſchlands Freiheit mit Menſchenmorden zu erringen. Durch die Denkſchrift des jungen Stourdza wurde die Aufmerkſamkeit auf Rußland und deſſen Schergen gelenkt. Jm März 1819 zückte der Beamtenſohn Karl Sand, der an mehreren Univerſitäten Theologie ſtudiert hatte, den Dolch gegen den fruhtbaren Schriftſteller Kogzeb ue. Auf dieſem unglülichen Manne laſtete der Verdacht, ein Spion Rußlands zu ſein; mit klingender Münze, ſo meinte man, würde ſein Haß gegen alle Regungen der Demokratie erkauft. Sand tötete Koßebue ſogleich, aber der Streich, den er hierauf gegen ſich ſelbſt führte, brachte ihm nur eine ſchwere Verlezung bei. Der Attentäter konnte dem Gericht überliefert werden, und der Scharfrichter waltete ſeines traurigen Amtes. Kurze Zeit nachher kam ein zweiter politiſcher Mord auf, der diesmal einen ehrenwerten, rechtlichen Beamten, den Präſidenten von Jbell aus dem Leben räumte. Nun hatten die Schwarzſeher ſcheinbar rect, die ſeit Jahren voll Mißtrauen gegen die Volksbewegung waren und die bisher vergeblich nah rüdcſichtsloſen Eingriffen der Regierungen verlangten. Das vergoſſene Blut legte für ſie Zeugnis ab. Jn der allgemeinen Beſtürzung, die ſich bei den Hütern der Ordnung einſtellte, hörte man jeßt um ſo williger auf die Warner.

Metternich durfte ſich wieder brüſten, einen Seherbli> bekundet

1) Tagebücher von Friedrih von Geng. 2. Band.