Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

86 TIT. Metternich gegen Deutſchlands Freiheit.

„Jh wünſche fort zu kommen. Es iſt nicht länger möglich, etwas zu wirken oder etwas zu verhindern, was der Mühe wert wäre, und ich fann meine Zeit beſſer anwenden, als leeres Stroh dreſchen zu helfen und meinen Namen unter Protokolle zu ſegen, deren Jnhalt meiner Überzeugung zuwider iſt.“ Jm Juli 1824 wurde in Frankfurt der Antrag geſtellt, von der Veröffentlichung der Sißungsprotokolle Abſtand zu nehmen. Öſterreich ſcheute die Öffentlichkeit und es wußte warum. Fortab blieb die Bundesverſammlung in Dunkel gehüllt ").

Jm Sommer des Jahres 1824 durfte Metternich das Hochgefühl irdiſcher Macht ſo recht empfinden. Er hielt im Schloſſe Johannisberg Hof, das ihm für ſeine Verdienſte um die Befreiung Deutſchlands geſchenkt worden war. Alſo der richtige Ort, um die Knebelung des deutſchen Volkes zu beſorgen. Die Karlsbader Beſchlüſſe, die bloß für fünf Jahre galten, mußten erneuert werden. „Jhre gedeihlichen, alle Erwartungen weit überſteigenden Folgen?) waren ja ſichtbar geworden, wie der Miniſter in einem Schreiben an den Kaiſer hervorhob. Fn ſeiner herrlichen Beſizung verſammelte der Staatsmann eine große Zahl von Kollegen, mit denen er die weiteren Schritte beſprach. „Von allen Seiten““ — hieß es ſelbſtgefällig in einem Briefe Metternichs — „ſtrömen Leute zu mir; die einen ſind gut und bieten mir Hilfe, die andern ſind ſchwach und verlaſſen mich geſtärkt; die dritten ſind \{le<t und wollen erforſchen, was ich denn eigentlich im Schilde führe. Dieſe verlaſſen mich ebenjo unwiſſend, wie ſie gekommen ſind.“ Am 16. Auguſt 1824 bekannte ſich die rücégratloſe Bundesverſammlung in Frankfurt a. M. neuerdings zu den gehäſſigen Karlsbader Beſchlüſſen und ſchuf dieſen für unbeſtimmte Zeit Geltungskraft; „zur Aufrehterhaltung der innern Sicherheit und öffentlichen Ordnung“, wie man ſich ſelbſt täuſchte. Wieder einmal war Deutſchland gerettet und die klugen Hirten der großen Herde Volk durften ſih gemächlich in den Schatten legen.

Für nicht zu lange Zeit freilih! Die Julirevolution, die im Jahre 1830 Frankreich in Ludwig Philipp einen neuen König gab und die andern revolutionären Erſchütterungen, die bald folgten, gingen an den Staaten des Deutſchen Bundes nicht ſpurlos vorüber. Braunſchweig, Kurheſſen und Sachſen hatten ihre Auſfſtände, während in andern Gebieten, wo es bereits geordnete Verfaſſung3verhältniſſe gab, die demokratiſhe Partei an Macht gewann. So

1) Schmidt-Weißenfels. Fürſt Metternich. Prag 1860. 1. Band. 2) Aus Metternichs nachgelaſſenen Papieren. 4. Band,