Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Napoleon zur Abdankung genöthigt. 329

ſ{<wankte no< immer über den Moment und die Form, in denen er der Nothwendigkeit ſi< unterwerfen wollte. Lucian Bonaparte, der früher am wenigſten an der Größe ſeiner Familie Theil genommen , konnte jebt am ſchwerſten ſi< von ihr trennen. Er trieb ſeinen Bruder immer wie= der zu einem Gewaltſchritt gegen die Repräſentantenkammer an, zur Ergreifung einer militairiſchen Diktatur bis nah Befreiung des Vater= landes, und zum Aufrufe an das Volk zu einer allgemeinen Erhebung und Bewaffnung. Es war während der Nacht ein Truppenkorps von 10,000 Mann in Paris eingerü>t, und, ungeachtet Waterloo's, no< immer für den Kaiſer begeiſtert. Es hätte allerdings nur eines Winkes und Wortes Napoleon's bedurft, und die Oppoſition war vernichtet. Aber ex fah nac einem kurzen Triumphe eine abermalige Niederlage vor= aus. Auch widerſtritt es ſeinem Gefühl , Paris, wo er ſo lange regiert hatte, mit Scenen von Tumult und Blut zu erfüllen. Denn es war wahrſcheinlich, daß, wenn auch die Föderirten für den Kaiſer zu den Waffen griffen, die Nationalgarde, wenigſtens ein Theil derſelben, ſi für die Repräſentanten erklärte. Napoleon zögerte jedoh noh immer mit einer beſtimmten Erklärung, von dem Gedanken an die frühere Größe und die gegenwärtige Hülfsloſigkeit, von der Möglichkeit, die Macht wie= der an ſich zu reißen, und die Schwierigkeit , ſie zu behaupten , hin und her geriſſen.

Endlich trat Fouché in Gegenwart des Kaiſers offen mit der Erklä= rung hervor, daß die Abdankung deſſelben alle Intereſſen befriedigen, der Napoleon’ſhen Dynaſtie den Thron erhalten, und Frankreich den Frieden wiedergeben würde, indem die Verbündeten erklärt hätten, nur Napoleon entfernen, der Nation aber keine Regierung aufdringen zu wollen.

Zugleich langten im Elyſée die drohendſten Erklärungen aus der Kammer an. Die Repräſentanten, de la Fayette an der Spie, erklär= ten, die Entſebung Napoleon's ausſprechen, ja, ihn ſelbſt verhaften laſſen zu wollen, wenn er nicht augenbli>lih ſeine Entſagung einſenden würde, In der That war ſchon eine Anzahl entſchloſſener Männer aus der Kam=mex, mit Hülfe einiger Nationalgardiſten , bereit, na< dem Elyſée zu ziehen, und ſich Napoleon's zu bemächtigen, wo es, da die denſelben umgebenden Officiere zu ſeiner Vertheidigung bereit waren , zu einem bluz tigen Auftritt hätte kommen fönnen, der des Kaiſers eben ſo unwürdig wie Frankreichs geweſen wäre.

Von den Umſtänden überwältigt, entſ{loß ſi< endli<h Napoleon zu dem Schritt, der auf allen Seiten von ihn verlangt wnrde. Er zog ſich