Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871
350 Neueſte Geſchichte. 2. Zeitraum.
dar, der den Bruder dieſes Königs zum Tode verurtheilt hatte. Denn Fouché hatte, nächſt den preußiſchen und engliſchen Waſſen, das Meiſte zu dieſer zweiten Reſtauration beigetragen. Es war vies eine Lage voller Gefahren und Widerſprüche, und es gehörte kein gewöhnlicher Muth dazu, um ſie nur furchtlos zu betrachten, geſ<hweige denn an ihre Löſung und Ueberwindung zu gehen. Ludwig XVIII. unternahm dieſes Werk, und führte es, ungeachtet aller Hinderniſſe und einzelnen Fehlgriffe , bis zu ſeinem Tode mit Erfolg fort. Wäre in ſeinem Geiſte weiter regiert worden, ſo würde Frankreich an ſein Ziel gelangt ſein, und die politiſche Freiheit, ohne ſich neuen Revolutionen auszuſeben, errungen haben.
Nach Bildung eines neuen Miniſteriums kam zunächſt das Verhältz niß zu den Kammern in Betracht. Die, welche während der hundert Tage zuſammengeweſen, beizubehalten, hätte wie eine Anerkennung dieſer Epoche ausgeſehen, was niht mögli< war. Es wurden demnach aus der Pairskammer alle Diejenigen ausgeſtoßen , welche von Napoleon er= nannt worden, oder die, früher im Beſitz dieſer Würde, ſi<h ihm ange= \{loſſen hatten. Viele, die zu dieſer Kategorie gehörten, wurden in den nachfolgenden Jahren wieder eingeſezt. Die Deputirtenkammer , die furz vor dem 20. März vertagt worden, ſchrieb ſi< no< aus dem Kai= ſerreih her. Sie wurde jebt aufgelöſt. Da durch die Charte conſtitu= tionnelle wohl die Bedingungen zur Wahl, aber nicht die Formen bei Erwählung der Deputirten vorgeſchrieben waren, ſo wurde bis zum Er= laß eines Wahlgeſezes dur königliche Verordnung (ordonnance royale) beſtimmt, daß es zwei Wahlverſammlungen geben ſolle, eine ays den Arrondiſſements hervorgegangen , welche die Kandidaten zu der zweiten Kammer einer Departemental-Verſammlung vorſchlug, die aus ihnen die Hälfte der Deputirten ernannte, während die andere Hälfte nah der früheren Weiſe gewählt wurde. Der Cenſus blieb für Wähler und Dez putirte derſelbe wie früher. Die Kammern wurden auf den 24. Sep= tember einberufen.
Die Armee, die unter dem Oberbefehl des Marſchalls Davouſt an der Loire ſtand, war zu ſhwa<, um den Verbündeten widerſtehen zu fönnen, und doh konnte durc einen unglü>lichen Zufall, den Ehrgeiz eines Generals oder die Verwegenheit eines Korps eine Kolliſion herbei= geführt werden, die unter den gegenwärtigen Umſtänden für Frankreich die unglü>lichſten Folgen gehabt hätte. Auch war dieſe Armee, welche die dreifarbigen Kokarden und Fahnen beibehalten, und in der dem Na= men nah Napoleon's Sohn noc immer für das Oberhaupt des Staates galt, eine lebendige Proteſtation gegen die Wiedereinſeßzung des Königs.