Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871
Der Marſchall Brune. 867
Gefecht als Leibwache gedient hatte, in einer Stadt wie Marſeille, wo . der Himmel und das Meer ſie an den Orient erinnern konnten, ihre let= ten Tage zubrahten. Sie wurden ſammt Frauen und Kindern ermor= det, Daſſelbe Schi>fal erlitten mehre Einwohner, die dur< ihre Anhänglihkeit an den Kaiſer bekannt waren. Die Unordnungen und Gewaltſamkeiten hörten erſt auf, als die Nationalgarde , für die Sicherz heit des Eigenthums fürchtend, einſchritt, und die Ruheſtörer zu Paaren trieb.
Der Marſchall Brune hatte nach dem 20. März von Napoleon den Oberbefehl über die Südarmee erhalten. Sein Hauptquartier war in Toulon. Brune, der ſchon unter der Republik eine große militairiſche Stellung eingenommen, war dem Geiſte jener Epoche treu geblieben, und deshalb von dem Kaiſer eher zurü>geſeßt als hervorgezogen worden. Die bekannte republikaniſche Geſinnung des Marſchalls gab zu dem Gez rücht Veranlaſſung, er habe ſi< während der Revolution Grauſamkeiten gegen die Royaliſtez zu ſchulden kommen laſſen, und ſogar bei den Septembermeteleien 1792 in Paris eine Rolle geſpielt. Die Verleumdung ging ſo weit , zu behaupten , Brune ſei es geweſen, der den Kopf der unglülichen Prinzeſſin von Lamballe auf einer Pike in den Straßen von Paris umhergetragen. Es war dies eben ſo wenig gegründet, wie Murat's vermeintlicher Antheil an der Hinrichtung des Herzoges von Eng= hien, wurde aber eben ſo geglaubt.
Brune, obgleich kein perſönlicher Anhänger Napoleon's, war jedoch ein Gegner der Bourbonen, und hatte in den ihm untergebenen Departements während der hundert Tage -jede royaliſtiſhe Demonſtration zu verhindern gewußt, aber nicht mehr als jeder andere General unter ähn=lichen Umſtänden gethan. Nach der Wiedereinſezung Ludwig XPVIIL. trat er an den Marquis von Rivière, der als außerordentlicher könig= licher Kommiſſarius nah dem Süden geſchi>t worden, das Kommando ab, und beſchloß, ſi zu ſeiner in Paris gebliebenen Familie zu begeben.
Manrieth dem Marſchall, ſich in Toulon einzuſchiffen, da die Reiſe zu Lande mitten durch die im höchſten Grade aufgeregte provençaliſche Bevöl= kerung gefährlich werden konnte. Brune, furchtloſen Sinnes und keiner Schuld ſi bewußt, da er erſt, nachdem Ludwig XVII. Frankreich verlaſſen, von Napoleon ein Kommando angenommen hatte, verwarf dieſen Rath. In Avignon angekommen, ſtieg er daſelbſt in einem vorſtädtiſchen Gaſthofe ab. Die unteren Klaſſen dieſer Stadt, die einſt Jahrhunderte lang Unter päbſtlicher Herrſchaft geſtanden, durch ihre Sitten und Leidenſchaften dem italieniſhen Pöbel ähnlich, waren damals gegen Alles, was an Napo-