Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

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Mantel hing über ihre Schultern, ihre flatternden Haare waren mit der rothen Freiheitsmüye bede>t und ſie ſaß auf einem antiken Seſſel, der mit Epheu umrankt war und von vier citoyens getragen wurde. *) Es verſteht ſi< von ſelbſt, daß die ſhönen-Frauen, welche die Vernunft, die Philoſophie, die Wahrheit und die Freiheit vorſtellten, nur als Symbole und als „lebende Bilder“ dienten, nicht aber, wie hin und wieder behauptet worden iſt, als Göttinnen angebetet wurden.

Die atheiſtiſchen Feſte fanden in Frankreich großen Anklang, die Konvents-Mitglieder betheiligten ſich häufig an ihnen und ſie wurden auh in den Provinzialſtädten nachgeahmt. Aber an ihnen nahmen die Schüler Rouſſeau's, wenn ſie auh nicht ſofort feindlich dagegen aufzutreten wagten, niht geringen Anſtoß. Zu den Gläubigen gehörte Maximilian Robespierre, St. Juſt und Couthon. Dieſelben ſahen mit Entſeben, daß ihnen die Atheiſten über den Kopf wuchſen und ſchrien in ihrer Beſchränktheit über Entſittlichung des Volks. Robespierre hatte in dieſer Hinſicht ſehr verwirrte Anſichten und {wärmte für ein höchſtes Weſen, an das er als den Ausfluß der Tugend und alles Guten ſteif und feſt zu glauben ſchien. Robespierre, dex Mann der gewaltigen Hand, machte Chaumette und Hebert durch ſeine Tugend-Predigten und Ausfälle vorſichtig und bewirkte, daß dieſelben einhielten. Am 21. November 1793 predigte Robespierre im Klub der Jakobiner :

„Der Atheismus iſ ariſtokratiſh. Die Vorſtellung von einem großen Weſen, welches über die unterdrückte Unſchuld wacht und das triumphirende Verbrechen beſtraft, iſt ganz volksthümlich. Ich bin ſeit dem Gymnaſium ein ziemlich ſ{<le<ter Katholik: ih bin weder jemals ein kalter Freund, no< ein untreuer Vertheidiger der Menſchheit geweſen. Wenn Gott nicht exiſtirte, müßte man ihn erfinden. J< ſpreche auf einer Tribüne, wo der unverſchämte Guadet mir ein Verbrechen daraus zu machen wagte, daß ih das Wort Vor ſehung gebraucht hatte.“

Auch der lüderliche Danton ſprach ſih gegen den Atheismus aus. Nachdem derſelbe im Februar 1793 ſeine Frau durch den Tod verloren hatte, hatte er bald nachher eine gewiſſe Louiſe Gely, ein frommes Mädchen von ſechzehn Jahren, welches eine Monarchiſtin war, geheirathet, und zwar hatte er, um dieſen Schaß zu erlangen, ſi< nicht geſchämt, bei einem unbeeidigten Prieſter in die Beichte zu gehen und vor ihm das Knie zu beugen. Kein Wunder, wenn Danton, der unter dem Pantoffel einer ſ<hönen frommen Gans ſtand, ſi< über die Atheiſten ärgerte!

Die Atheiſten wurden nah Hebert, der fie in ſeinem ſehr verbreiteten Blatte Père Duchêne vertrat, Hebertiſten genannt. Die Sprache dieſes Blattes war affektirt roh und cyniſ<h. Jm Sommer 1790 fällte Marat in ſeinem „Volksfreund“ (Nummer 287) über den Père Duchêne folgendes Urtheil :

*) Thiers, Histoire de là Révolution française, 4, Band, GS. 417—422, Prud'homme, Galeriè hbistorique des contemporains, Mous 1827,