Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

Be

daß man die königlihe Macht nicht brechen dürfe, weil der dritte Stand den königlichen Schuß angeſichts des Räuber- und Raubritterweſens nöthig hätte. Den 6. April wurde in Paris eine Bekanntmachung des gefangenen Königs ausgerufen, dur< welche die Vollziehung der mit den Ständen getroffenen Vereinbarung unterſagt wurde. Der Herzog Karl ließ ſih zwar wieder einſhüchtern ; allein im Auguſt 1357 erklärte er dem Rathe der Se<hsunddreißig, daß er fortan ohne ihn regieren wollte. Der Rath fügte ſi. *

Weil jedo< der königliche Statthalter bei den Städten nicht die gehofſte Unterſtüßung fand und Geld brauchte, kehrte er nah Paris zurü> und berief auf den 13, Januar 13958 eine neue Verſammlung der Generalſtände ein.

Mittlerweile hatten Marcel und Lecoq nebſt ihren Freunden einen Handſtreih ausgeführt. Sie hatten, um der königlichen Macht einen Gegenbewerber entgegenzuſtellen, den gefangenen König von Navarra in Freiheit geſezt. FJudeß waren hiermit die Städte der Champagne und Burgunds fkeineswegs einverſtanden. Auf der Ständeverſammlung im Januar war der Adel gar nicht, die Geiſtlichkeit nux {hwach vertreten. Unter den Vertretern des Reichs herrſchte Zwieſpalt und man einigte ſich zunächſt nur über eine tadelnswerthe Aushülfsmaßregel, dergemäß behufs Abſtellung des Geldmangels eine Münzverſchlechterung beſchloſſen wurde.

Unter dieſen Umſtänden glaubte Marcel den königlichen Statthalter, “ dem der Titel Regent verliehen worden war, einſhüchtern zu müſſen. Er rief die Zünfte unter Waffen, nahm mit 3000 Mann den LouvrePalaſt ein und ließ vor den Augen Karl's deſſen beide Hauptminiſter, den Herrn von Conflans, Marſchall der Champagne, und Robert von Clermont, Marſchall der Normandie, tödten, Das Bundeszeichen der revolutionären Pariſer wax eine blaurothe Kappe mit auf die Schulter herabfallenden Klappen, auf deren Spangen die Aufſchriſt zu leſen war: „Zum Bundeszeichen, daß wir mit dem Prevot gegen alle Perſonen leben und ſterben wollen.“ Karl ſah ſi<h genöthigt, dieſe Kappe, die den Urſprung der ſpäteren franzöſiſhen National-Kokarde bildet, ſelber ſih aufs Haupt zu ſeten.*)

Eine am folgenden Tage im Auguſtiner-Kloſter abgehaltene Bourgeoiſie-Verſammlung, an welcher auch die in Paris anweſenden Deputirten theilnahmen, billigte dieſes Vorgehen. Auch nahmen die Städte Amiens, Beauvais, Rouen und Senlis die blaurothe Kappe an ; allein die Städte im Vermandeſiſhen und in der Champagne proteſtirten, wie überhaupt die Provinzial-Städte mehr und mehr auf Paris eiferſüchtig und miß-= günſtig wurden.

__ Indem Karl dieſe feindſelige Stimmung ſhürte und benutte, berief er die Generalſtände, deren Verſammlung hätte am 1. Mai in Paris ſtattfinden ſollen, na<h Compiegne. Vergebens drohte ihm Marcel mit

*) Die weiße Kappe, angeblih das Symbol der Freiheit bei den alten Galliern, wurde erſt 1382 in Paris aufgebracht. Sie war ein von Gent ſtam— mendes Bundeszeiche1n,