Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

BOAL

der Nationalgarde zu entwiſhen. Er flüchtete nah London, von wo ex erſt am 18. Mai 1790 nah Paris zurü>kehrte. L

Mittlerweile ſuhte die Munizipalität mit den der Bourgeoiſie zu weit gehenden Revolutionären aufzuräumen. Weil ihr aber die Gefängniſſe in Paris nicht ſicher genug zu ſein ſchienen , ließ ſie das Staatsgefängniß in dem benachbarten Vincennes, welches ſeit 1785 in eine Brotbäckerei verwandelt geweſen war, wieder herſtellen. Dieſes Geſängniß, worin die unterirdiſhe Marterkammer aus der Zeit Ludwig's IX. noh vorhanden war, die den eiſernen Menſchenkäfigen von Pleſſis-lesTours würdig zur Seite ſtand, wurde mit Recht vom Volke als ein _Zwillingsbruder der Pariſer Baſtille angeſehen. Die Bevölkerung des Faubourg St. Antoine rü>te daher den 28. Februar Morgens in Maſſe nah Vincennes, um die neu erſtehende Zwingburg zu zerſtören. Die Munizipalität aber, ſhon Tags vorher dux<h Santerre von dem ihr feindlichen Vorhaben der Arbeitervorſtadt in Kenntniß geſeßt, ſchi>te Nachmittags Lafayette an der Spie mehrerer Bataillone Nationalgarde nach Vincennes zum Schuße der Zwingburg. Vermittelſt eines KavallerieAngriffs wurde die aufrühreriſhe Volksmaſſe zerſtreut und zur Verhaftung von 68 Perſonen geſchritten. Ueber dieſe Arreſtationen brachen ſelbſt in den Reihen der Nationalgarde Aeußerungen des Unwillen® aus. Santerre, der in dieſer Sache eine etwas zweideutige Rolle geſpielt zu haben ſcheint, wurde ſpäter in einem Tagesbefehle Lafayette's getadelt; denn ex wurde vom Adjutanten Desmottes beſchuldigt, daß er auf Desmottes, als dieſer die Gefangenen eskotirte, die Gewehrläufe ſeines Bataillons habe anſchlagen laſſen. Dagegen wax auch die Arbeiterbevölkerung über das Benehmen Santerre's ſo erbittert , daß ſie am Thore St. Antoine einen Holzſtoß aus Reiſigbündeln errichtete, um ihn lebendig zu braten. Santerre, der ein guter Reiter war, erſchien unter der aufgeregten Menge, als ex von der ihm drohenden Geſahr hörte, ho< zu Roß und beſchwichtigte ſie dux< den Honigſeim ſeiner Worte. Judeß fürchtete ex no< lange, daß Feuer an ſeine Wohnung gelegt würde, und traf deßhalb umfaſſende Vorkehrungen.

Die Munizipalität hatte ein Komitee niedergeſeßt, welches einen Konſtitutions-Plan für die Pariſer Kommune ausarbeitete. Als dieſer Plan fertig war, wurde er von der National-Verſammlung verworfen. Hierauf gab im April 1790 die Munizipalität ihre Demiſſion. Ein Dekret der National-Verſammlung theilte nun Paris in 48 Sektionen und beſtimmte, daß das Bureau der ſtädtiſchen Verwaltung aus einem Maire und 16 Adminiſtratoren, der Munizipal-Rath aber aus 32 Mitgliedern beſtehen ſollte. Hierzu kamen no< für jede Sektion 2 Notable, zuſammen 96 Perſonen, die zuſammen mit dem Bureau und dem Munizipal-Rath die General-Verſammlung der Pariſer Kommune bildeten. Außerdem erhielt die Kommune einen General-Prokurator nebſt zwei Subſtituten. Der Maire wurde von den Sektionen gewählt. Der Maire Bailly und der Nationalgarde-Kommandant Lafayette hatten ſich bei der Bourgeoiſie ſo beliebt gemacht, daß ſie in ihren Stellen blieben,